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Wann ist der richtige Zeitpunkt
für einen demenzkranken Menschen
zum Umzug ins Pflegeheim?

Tipps und Anregungen zusammengestellt von
Dipl. Psych. Günther Schwarz,
Evangelische Gesellschaft Stuttgart e.V. Alzheimer Beratungsstelle
Büchsenstr. 34-36, 70174 Stuttgart
Telefon: (0711) 20 54 - 374, Fax: (0711) 20 54 - 499374

Inhalt

  1. Soll man mit dem Kranken über einen Umzug ins Pflegeheim sprechen?
  2. Faktoren für und wider einen Umzug
  3. Ist die Einrichtung für Demenzkranke geeignet?
  4. Wie erlebt ein Demenzkranker den Umzug ins Pflegeheim
  5. Wann sind Grenzen der häuslichen Betreuung aufgrund der Belastungen der Angehörigen erreicht?
  6. Frühzeitig an die Betreuung durch andere Personen gewöhnen
  7. Kann man einen allein lebenden demenzkranken Menschen noch in seiner Wohnung lassen, wenn bereits Verwahrlosungstendenzen auftreten und der Kranke nicht mehr regelmäßig isst?
  8. Pro und Contra für einen Umzug in eine Pflegeeinrichtung stichwortartig zusammengefasst:
  9. Wie ist der Umzug eines demenzkranken Menschen in ein Pflegeheim auch gegen seinen Willen möglich?
  10. Kann man den Kranken wieder nach Hause nehmen?
  11. Wie oft kann oder sollte man zu Besuch kommen? Kann man den Kranken z.B. an Feiertagen mit nach Hause nehmen?
  12. Was kostet ein Pflegeheimplatz? Muss notfalls die eigene Wohnung zur Finanzierung verkauft werden?

1. Soll man mit dem Kranken über einen Umzug ins Pflegeheim sprechen?

Den Zeitpunkt für einen Umzug ins Pflegeheim festzulegen, ist für viele Angehörige eine der schwierigsten Entscheidungen. Wenn es möglich ist, mit dem Kranken zu einem frühen Zeitpunkt der Erkrankung über diese Frage zu sprechen, fällt die Orientierung leichter. Häufig scheuen sich Angehörige und Betreuende, dies zu tun, da sie befürchten, dass der Kranke in seiner verletzbaren Verfassung Ängste entwickelt, abgeschoben zu werden oder resignativ und abwehrend reagiert. Dies ist tatsächlich häufig der Fall, wenn die erkrankte Person schwer mit den eigenen Einschränkungen umgehen kann und sehr dazu neigt, eigene Fehlre anderen anzulasten. Oft sehen die Kranken auch keinen Anlass, über einen eventuell anstehenden Pflegeheimaufenthalt zu sprechen, da sie sich selbst als kompetent und gesund empfinden. Es kann eine gute Möglichkeit sein, die Frage hypothetisch zu stellen, etwa in der Form: „Was wünschst du dir, wenn du einmal zunehmend auf Hilfe angewiesen sein solltest“ oder „was wäre dir wichtig, wenn…“. Durch ein solches behutsames Herantasten an die Thematik merkt man relativ schnell, worüber der Kranke bereit ist zu sprechen und worüber nicht.

Teils sind es auch die Ängste der Angehörigen, die einem Gespräch entgegenstehen. Als Angehöriger möchte man den Gedanken, den Kranken einmal aus seiner vertrauten Umgebung herauslösen zu müssen und sich dadurch von ihm auch ein stückweit trennen zu müssen, oft möglichst weit von sich fern halten. Teils ist bereits der Gedanke daran nicht nur schmerzlich, sondern auch mit Schuldgefühlen oder schlechtem Gewissen verbunden, wenn man sich als Ehepartner oder Kind verpflichtet fühlt, den Kranken solange als möglich zu Hause zu betreuen. Trotzdem sollte man einen Versuch zu diesem Zeitpunkt wagen, über das Thema Pflegeheim und die Betreuung bei zunehmender Pflegebedürftigkeit zu sprechen. Denn nur in der beginnenden Krankheitsphase kann sich der Kranke dazu noch in reflektierter Weise äußern.

Ist die Krankheit weiter fortgeschritten und naht tatsächlich der Zeitpunkt, an dem die Betreuung zuhause an ihre Grenzen stößt, tritt häufig folgende Schwierigkeit auf: Der Kranke lehnt aus seiner allgemeinen Unsicherheit heraus überhaupt jede Veränderung seiner Lebenssituation ab. Er ist meist nicht mehr in der Lage, reflektiert und umfassend einzuschätzen, welche Auswirkungen bestimmte Entscheidungen auf ihn selbst und sein Umfeld haben und welche Entscheidungen notwendig sind. Seine Wünsche und Bedürfnisse hängen fast ausschließlich von seiner momentanen Gefühlslage ab. Die Bereitschaft, in eine Pflegeeinrichtung umzuziehen, kann in einem Moment vorhanden sein, im nächsten aber schon wieder nicht mehr. Nun liegt die Entscheidungsverantwortung beim Angehörigen. Er muss in Abwägung aller relevanter Faktoren, einschließlich der Grenzen der eigenen Belastbarkeit, entscheiden. Häufig muss er dann sogar gegen den momentanen Willen des Kranken einen Umzug in ein Pflegeheim veranlassen. Nicht selten wird die Entscheidung dann zu lange hinausgeschoben, da Schuldgefühle, der Schmerz um den Verlust des Kranken und die Sorge, dass es ihm im Heim schlechter gehen könnte, groß sind. Oft wird dann lieber eine grenzenlose Selbstüberforderung in Kauf genommen, die sich nicht selten auch auf den Kranken negativ auswirkt. Denn in einer Überforderungssituation reagiert man oft gereizt und kann dem Kranken kaum mehr gerecht werden. Bei zunehmender Selbstüberforderung des Angehörigen sind daher wiederholte Gespräche mit anderen Angehörigen etwa in einer Selbsthilfegruppe oder mit erfahrenen Fachleuten hilfreich und wichtig. Oft sind sich die Angehörigen nicht im Klaren, wie kraftraubend und hoch die Anforderungen bereits sind. Sie überschätzen sich selbst. Und oft werden auch positive Aspekte eines Umzugs zu wenig gesehen. So kann der Angehörige den Demenzkranken in der Pflegeeinrichtung ausgeruht besuchen und sich während des Besuchs ganz auf ihn einstellen, ohne durch andere Anforderungen wie Pflege, Haushalt usw. abgelenkt zu sein.

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2. Faktoren für und wider einen Umzug

Die Schwierigkeit, eine Entscheidung zu treffen, hat natürlich auch damit zu tun, dass es tatsächlich häufig nicht einfach ist, einzuschätzen, wann ein Umzug ins Pflegeheim sinnvoll oder notwendig wird.

So stellt sich die Frage, ob der Umzug in eine Pflegeeinrichtung zu einem starken und dauerhaften Einbruch der vorhandenen Fähigkeiten und der Stimmung des Kranken führt. Grundsätzlich kann jede größere Veränderung der Lebensbedingungen für einen demenzkranken Menschen zu einem vorübergehenden oder auch dauerhaften Einbruch der Fähigkeiten führen. Deshalb sollte man den gewohnten Lebensrhythmus so lange wie möglich beibehalten. Andererseits kann ein Umzug zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kranke noch in gewissen Grenzen aufnahmefähig und lernfähig ist, auch eine Chance für ihn darstellen, sich in einem neuen Lebensumfeld schrittweise eingewöhnen zu können, neue Kontakte und Beziehungen aufzubauen und in der Gruppe der Heimbewohner integriert zu werden. Deshalb ist es wichtig, Vermutungen anzustellen, inwieweit ein demenzkranker Mensch solche Chancen in einem neuen Umfeld noch nutzen kann und ob eine bestimmte Pflegeeinrichtung aufgrund des dort vorhandenen Milieus, der Atmosphäre und des Betreuungskonzepts diese Chancen auch bieten kann.

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3. Ist die Einrichtung für Demenzkranke geeignet?

Die Qualität einer Pflegeeinrichtung für demenzkranke Menschen lässt sich unter anderem an folgenden Kriterien feststellen:

Welcher Ton herrscht im Umgang mit Demenzkranken in der Einrichtung? Werden Sie oft zurechtgewiesen? Wird ihnen oft gesagt, was sie tun oder lassen sollen? Werden sie aufgrund ihrer eingeschränkten Kommunikationsfähigkeit weniger beachtet oder bewusst übergangen? Oder ist im Gegenteil wahrnehmbar, dass ihnen Beachtung entgegengebracht wird? Und wird trotz ihrer Einschränkungen und fehlender Kooperationsbereitschaft einfühlsam und verständnisvoll auf sie eingegangen? Versuchen die Mitarbeiter, sie herzlich und liebevoll in die Gemeinschaft einzubeziehen?

Ist es erlaubt und vielleicht sogar erwünscht, dass die neuen Bewohner persönliche Möbel und Dinge aus ihrer vertrauten Umgebung mit in die Einrichtung bringen, damit sie sich wohler und vertrauter fühlen?

Wird ihnen Toleranz in Bezug auf ihr verändertes Verhalten entgegengebracht? Lässt man sie z.B. Gegenstände in der Einrichtung umherräumen und wird flexibel auf ihre gewohnten Aufsteh- und Schlafenszeiten eingegangen? Ist man bemüht, ihre Selbständigkeit zu erhalten und animiert sie, sich bei Aktivitäten zu beteiligen ohne sie zu überfordern? Wird gelassen und tolerant damit umgegangen, wenn sie etwas nicht wollen wie z.B. die tägliche Körperpflege, sich ankleiden lassen oder sich rasieren oder kämmen?

Wirkt die Atmosphäre in der Einrichtung insgesamt „heimelich“, anregend oder familiär? Oder wirkt das Heim eher trist und krankenhausähnlich? Wirkt alles steril und übermäßig ordentlich oder gibt es im Wohnbereich vielerlei kleine und große Dinge (z.B. Bücher, Nippes, Zeitschriften, Hüte, Mäntel, Stofftiere, Puppen, Bilder sowie Gebrauchsgegenstände wie etwa einen Besen, den man benutzen kann, einen Kinderwagen usw.)?

Zeigen auch die Mitbewohner Toleranz im Umgang mit Demenzkranken oder handelt es sich sogar um einen Wohnbereich ausschließlich für Demenzkranke, wo es andere Mitbewohner weniger stört, wenn z.B. Dinge aus ihrem Zimmer mitgenommen oder verräumt werden oder wenn jemand zehnmal in einer halben Stunde dieselbe Frage stellt?

Die Eindrücke, die man zu diesen Fragen in einer Einrichtung gewinnt, können gute Anhaltspunkte dafür bieten, ob sich die Mitarbeiter in der Einrichtung wirklich mit dem Thema Demenz befassen und bemüht sind, Demenzkranke gut zu betreuen. Ein schriftliches Konzept allein oder die Tatsache, dass es einen speziellen Demenzbereich in der Einrichtung gibt, geben noch keinen Aufschluss über die Qualität der Betreuung.

Weitere praktische Tipps zur Einschätzung einer Einrichtung:

Nicht nur mit der Heimleitung sprechen, sondern sich selbst einen Eindruck von dem Wohnbereich (der Pflegestation) machen und wenn möglich dem Zimmer, in das der Kranke aufgenommen werden kann (Verschiedene Pflegebereiche können in der selben Einrichtung unterschiedlich geführt sein).

Gibt es regelmäßige Fortbildungen zum Umgang mit Demenzkranken für Mitarbeiter? Gibt es speziell qualifizierte Mitarbeiter mit gerontopsychiatrischer Zusatzausbildung?

Welcher Pflegeschlüssel besteht in dem Heim bzw. wie ist die Besetzung der Mitarbeiter konkret im Verlauf des Tages auf der Station? Für welche Anzahl von Bewohnern sind tagsüber wie viel Mitarbeiter zuständig? (Darin unterscheiden sich die Heime; relativ gut sind z.B. tagsüber von 8-21 Uhr zwei Mitarbeiter für 12 Bewohner)

Welches Pflegekonzept wird umgesetzt? (Für Demenzkranke ist die so genannte „Bezugspflege“ am sinnvollsten. Das heißt, es gibt für jeden Bewohner einen hauptverantwortlichen Mitarbeiter, der all seine Belange im Blick hat, auch wenn er den Bewohner wegen des notwendigen Schichtwechsels nicht täglich betreuen kann)

Welche zusätzlichen Beschäftigungsangebote und Veranstaltungen gibt es? Und welche davon sind für Demenzkranke geeignet?

Arbeiten ehrenamtlich Tätige in dem Wohnbereich mit und werden sie begleitet und in Bezug auf den Umgang mit Demenzkranken geschult?

Welche ärztliche (und evt. fachärztliche) Betreuung besteht? Sind die Ärzte als erfahren in der Behandlung Demenzkranker bekannt? (evt. Angehörigengruppe befragen)

Sind die Mahlzeiten in Darreichungsform und Art und Weise für Demenzkranke geeignet? (weich gekocht, nicht zu trocken, immer wieder auch Süßspeisen, gesüßte Getränke. Gegebenenfalls auch so genanntes „Fingerfood“, das sind Speisen, die auch gut mit den Händen gegessen werden können.)

Wie kooperiert die Einrichtung (und die Wohnbereichsleitung sowie einzelne Mitarbeiter) mit Angehörigen? (Gibt es regelmäßige Austauschtreffen, lassen sich die Mitarbeiter leicht ansprechen, nehmen sie Anregungen und Wünsche der Angehörigen ernst, sind sie kritikfähig und zur Diskussion bereit, wird die Mitarbeit Angehöriger geschätzt und unterstützt?)

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4. Wie erlebt ein Demenzkranker den Umzug ins Pflegeheim?

Inwieweit der Kranke selbst mit einem Umzug eher leicht oder schwer zurecht kommt und ob die neue Umgebung für ihn eher Nachteile oder vielleicht auch Vorteile mit sich bringen kann, lässt sich unter anderem aus folgenden Fragen erschließen:

Ist der Kranke kontaktoffen und gewöhnt sich an neue soziale Kontakte? Wie reagiert er z.B. auf Besuche? Ist er eher aufgeschlossen oder verunsichern ihn fremde Menschen so sehr, dass er sich dann zurückzieht, ängstigt oder großes Misstrauen entwickelt? War er auch früher eher ein kontaktfreudiger Mensch gewesen und zeigt er diese Orientierung auch jetzt noch?

Ist aufgrund der bisherigen Erfahrungen davon auszugehen, dass den Kranken jede Veränderung seines Lebensrahmens aus der Bahn wirft? Werfen ihn vielleicht sogar bereits kleinste Veränderungen des gewohnten Tagesablaufs aus der Bahn, etwa wenn die Reihenfolge von Frühstück, Ankleiden und Toilettengang einmal vertauscht wird? Oder können Sie mit dem Kranken einen Ausflug machen oder einen Besuch bei Freunden oder Bekannten ohne dass er hinterher durcheinander und gereizt ist?

War es der Kranke in den letzten Jahren oder Jahrzehnten gewohnt, alleine, selbständig und unabhängig zu leben und ist ihm das möglicherweise immer noch wichtig? Menschen, die gewohnt sind, mit anderen zusammenzuleben, fällt es leichter, sich in eine Lebensgemeinschaft einzufügen, Kompromisse mit anderen einzugehen und auch Rücksicht und Toleranz gegenüber anderen zu zeigen. (Andererseits können Demenzkranke, die sich bisher in einem vertrauten und liebevoll stützenden familiären Umfeld geborgen wussten, trotz guter Zuwendung in der Einrichtung zunächst auch einen Einbruch erleiden, da sie um den Verlust des vertrauten Umfelds trauern).

 

Ein weiterer Anhaltspunkt für die Abwägung, wie belastend ein demenzkranker Mensch den Umzug ins Pflegeheim erlebt, ist die Frage, inwieweit und wie klar er vertraute Personen und sein persönliches Lebensumfeld noch erkennt. Verwechselt er sehr häufig Personen oder werden selbst nächste Angehörige oft nicht mehr erkannt und als vertraute Menschen wahrgenommen oder kommt es auch in der eigenen Wohnung immer häufiger vor, dass er diese als fremd und unbekannt wahrnimmt? In diesem Fall hat das vertraute Umfeld nicht mehr die zentrale stützende Bedeutung für den Kranken, wie das häufig in der ersten Phase der Erkrankung noch der Fall ist. Dann kann es sogar sein, dass der Kranke den Umzug ins Pflegeheim kaum als bedeutsamen Einschnitt oder Veränderung in seinem Leben wahrnimmt.

Auch der bisher gewohnte Lebensstil verliert zunehmend an Bedeutung, je weiter die Krankheit fortschreitet. Bei vielen demenzkranken Menschen nimmt in der zweiten Krankheitsphase das Bedürfnis nach kontinuierlichen vertrauensvollen sozialen Kontakten zu. So können auch aus überzeugten Individualisten und Einzelgängern Menschen werden, die soziale Nähe und Gemeinschaft suchen und genießen. Die Kranken nähern sich in ihrem Sozialverhalten und in ihren emotionalen Bedürfnissen zunehmend kindlichen Mustern. So wird vor allem entscheidend, ob sich vertrauenswürdige Menschen in der Nähe aufhalten und man sich nicht alleine fühlt.

Auch, wenn die kranke Person zuhause viel alleine ist und er dieses Alleinsein zunehmend angstvoll erlebt und sich haltlos und verloren fühlt, sollte man den Umzug in eine Pflegeeinrichtung selbst bei deutlichem Widerstand des Kranken ernsthaft erwägen. Die Menschen lehnen dann einen Umzug ins Pflegeheim unter Umständen in erster Linie aus Angst vor der völlig veränderten Lebenssituation ab. Nach kurzer Zeit in der Einrichtung leben sie jedoch wider Erwarten auf und zeigen sich kontaktfreudig und genießen das Umsorgt Sein. Allein die ständige Präsenz anderer Menschen in der Pflegeeinrichtung und der geordnete, geführte Tagesablauf können dem Kranken Sicherheit vermitteln und ihn psychisch sehr entlasten.

Ebenso kann für demenzkranke Menschen, die einen hohen Bewegungsdrang haben und sich in der Wohnung zunehmend eingesperrt fühlen, eine Pflegeeinrichtung mit einem großen geschützten Bewegungsbereich Vorteile bieten und das Gefühl des Eingesperrtseins oder des fehlenden Freiraums verringern. Im häuslichen Umfeld lässt es sich oft schwer organisieren, zu jedem Zeitpunkt, wenn der Kranke das Bedürfnis hat, nach draußen zu gehen und sich auf den Weg zu machen, ihm dann auch die Gelegenheit dazu zu bieten.

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5. Wann sind Grenzen der häuslichen Betreuung aufgrund der Belastungen der Angehörigen erreicht?

Grenzen der häuslichen Betreuung sind immer dann klar erreicht, wenn trotz qualifizierter medikamentöser Unterstützung und qualifizierter Hilfen bei der Betreuung das Verhalten des Kranken bereits bei geringfügigen Anlässen oder unvorhersehbar in Zorn, Wut oder gar Tätlichkeiten umschwenkt. Auch wenn Unruhe und Bewegungsktivitäten rund um die Uhr und insbesondere auch in der Nacht auftreten oder wenn der Kranke trotz Versorgung mit Inkontinenzhilfsmitteln beispielsweise laufend in der Wohnung uriniert oder mit Kot schmiert, ist die Betreuung zu Hause meist nicht mehr möglich. Hier kommt die Belastungsfähigkeit der betreuenden Angehörigen nach kurzer Zeit an eine Grenze.

Aber auch, wenn der Kranke keine dieser herausfordernden Verhaltensweisen zeigt, kann die subjektiv erlebte Belastung für den Angehörigen so groß werden, dass die Betreuung zu Hause nicht mehr möglich ist. Der Angehörige kann sonst selbst in Gefahr geraten, psychisch und gesundheitlich Schaden zu nehmen.

Treten beim Angehörigen folgende Reaktion und Empfindungen auf, können Grenzen der Belastbarkeit schon weit überschritten sein:

  • Er reagiert häufig sehr gereizt auch auf kleinere Schwierigkeiten im Umgang mit dem Kranken,
  • fühlt sich ständig sehr angespannt,
  • hat selbst erhebliche Schlafstörungen,
  • fühlt sich zunehmend empfindungslos, (fast wie eine Maschine funktionierend),
  • leidet häufig unter Weinkrämpfen
  • oder fühlt sich zunehmend depressiv oder antriebslos.

Durch das allmähliche Zunehmen der Belastung und das Fehlen von Erholungspausen fällt es Angehörigen teils schwer, ihre subjektive Belastung angemessen wahrzunehmen. Eine Überforderungssituation des Angehörigen wirkt sich oft auch negativ auf die Verfassung des Demenzkranken aus, der dann ebenfalls zunehmend gereizt und angespannt reagiert oder sich zurückzieht.

Suchen Sie bei zunehmenden Belastungen Gesprächsangebote und Beratung auf (z.B. bei einer Beratungsstelle oder Angehörigengruppe). Eine verständnisvolle und qualifizierte Unterstützung und Begleitung kann Ihnen eventuell dabei helfen, Ihre Belastungssituation anders zu erleben und mit manchen Schwierigkeiten leichter umzugehen. Auch wenn dies nicht möglich ist, können Sie Hilfen bei weiteren Entscheidungsschritten und z.B. der Suche nach einer geeigneten Pflegeeinrichtung erhalten oder zumindest durch verständnisvolle Zuhörer etwas Unterstützung und Entlastung erfahren.

Scheuen Sie sich nicht, eigene Schwierigkeiten und Probleme bei anderen Menschen anzusprechen. Auch wenn Sie nicht immer auf das richtige Verständnis stoßen oder sich eine geeignete Lösung ergibt, kann allein das Reden darüber schon entlastend sein.

Unterschätzen Sie nicht die psychische Belastung, die sich durch die Betreuung eines demenzkranken Menschen ergeben kann.

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6. Frühzeitig an die Betreuung durch andere Personen gewöhnen

Um einem demenzkranken Menschen den Umzug in eine Pflegeeinrichtung zu erleichtern, ist es sinnvoll, ihn frühzeitig daran zu gewöhnen, dass er auch von anderen Menschen betreut wird. Eine gute Möglichkeit zum Einstieg kann z.B. die Teilnahme an einer Betreuungsgruppe für Demenzkranke sein. Sie findet meist an einem Nachmittag in der Woche statt und kann dem Kranken als gelegentliche unterhaltsame Kaffeerunde nahe gebracht werden. Auch der Besuch einer Tagespflegeeinrichtung an einem oder mehreren Tagen in der Woche kann eine geeignete Möglichkeit sein. Geht der Kranke eher ungern außer Haus oder in eine Gemeinschaft, kann auch eine stundenweise Betreuung zuhause durch einen Betreuungsdienst (z.B. Helferkreis für Demenzkranke oder Nachbarschaftshilfeorganisation), einen Nachbarn oder Verwandten ein erster Schritt sein.

Um zu erproben, wie es dem Kranken in einer Pflegeeinrichtung geht, kann man zunächst einen Versuch mit einem Kurzzeitpflegeangebot in einem Heim machen. Der Kranke wird dann für einige Tage oder auch Wochen in einer Pflegeeinrichtung betreut und kommt danach wieder nach Hause. Wichtig ist auch hier, eine möglichst geeignete Einrichtung auszusuchen und dass erste Mal die Kurzzeitpflege vielleicht nur für eine Woche zu erproben. Die ersten Tage können sowohl für den Kranken als auch für den Angehörigen schwer zu überstehen sein. Schlechtes Gewissen beim Angehörigen und das Fehlen des vertrauten Beziehungspartners auf beiden Seiten können belastend sein. Etwas Geduld und Durchhaltevermögen sind wichtig. Man sollte den Kranken nur vorzeitig wieder aus der Einrichtung nach Hause nehmen, wenn er sich sehr negativ verändert und zu befürchten ist, dass der Aufenthalt einen Einbruch in Stimmung, Verhalten und Fähigkeiten verursacht, der nur teils oder mit sehr viel Mühe und Zeit danach zu Hause wieder wettgemacht werden kann. In diesem Fall kann die zusätzliche nachträgliche Belastung, die der Aufenthalt nach sich zieht, größer sein, als die zeitliche Entlastung, die man durch die Kurzzeitpflege erfährt. Bei der Erprobung eines Kurzzeitpflegeangebotes ist man jedoch auch immer wieder überrascht, dass ein demenzkranker Mensch viel unproblematischer auf die Umgebungsveränderungen reagiert, als man es erwartet hatte. Daher lohnt sich ein Versuch in jedem Fall.

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7. Kann man einen allein lebenden demenzkranken Menschen noch in seiner Wohnung lassen, wenn bereits Verwahrlosungstendenzen auftreten und der Kranke nicht mehr regelmäßig isst?

Gehen Sie bei der Beurteilung nicht von Ihren eigenen Maßstäben aus. Entscheidend ist, wie wohl sich die kranke Person selbst noch in ihrer Wohnung fühlt, auch wenn es unordentlich und schmutzig ist, bereits in der Wohnung nach Urin riecht und jegliche Hilfe abgelehnt wird. Demenzkranke Menschen nehmen teils schlechte Gerüche viel weniger wahr und sind durch Unordnung weniger gestört als wir. Durch leichte Harninkontinenz (Einnässen) und das Tragen von Wäsche, die nach Urin riecht, entstehen noch keine Gesundheitsgefahren. Bei der Einschätzung, wie wohl oder unwohl sich der Kranke in seiner Wohnung fühlt, sollten wir uns daher vor allem daran orientieren wie wir den Kranken diesbezüglich wahrnehmen. Wir sollten uns in Toleranz üben, was unsere eigenen Ansprüche an Sauberkeit und Ordnung beim Kranken angeht.

In Bezug auf Essen genügt es zur Not, wenn der Kranke ein bis zweimal in der Woche gut und nährstoffreich isst. Viele Demenzkranke ernähren sich zunehmend einseitig, solange sie ihre Ernährungsweise noch selbst bestimmen. Sie essen dann zunehmend dasselbe, z.B. einen Kuchen, den sie im Laden kaufen oder ein einfaches Gericht, das sie noch zubereiten können.

Der Körper des älteren Menschen befindet sich nicht mehr in der Aufbauphase und die Lebenserwartung geht aufgrund der Demenz meist über einige Jahre nicht hinaus. Aufgrund dessen sollte man den Anspruch an eine gesunde Ernährung relativieren. Essen kann eine der wenigen genussvollen Aktivitäten sein, die Demenzkranken noch bleibt. Sie sollten daher auch essen können, was ihnen schmeckt.

Essen auf Rädern oder ein Menüservice werden oft abgelehnt, da sich die Kranken dadurch in ihrer Selbständigkeit und ihrem bisherigen Lebensrhythmus beeinträchtigt fühlen. Teilweise schmecken die Speisen aus Großküchen aber auch recht fad (im Alter lässt das Geschmacksempfinden nach, man muss mehr würzen) und sie wirken lieblos zubereitet. Man sollte gegebenenfalls mehrere Anbieter prüfen. Manchmal braucht es auch etwas Durchhaltvermögen und Überredungskunst, bis der ältere Mensch das fremde Essen annimmt und sich daran gewöhnt.

Generell können sich möglicherweise eine vitaminreiche Ernährung und pflanzliche Öle (Oliven- oder Sonnenblumenöl) positiv auf den Erhalt geistiger Fähigkeiten auswirken und den Krankheitsfortschritt etwas verzögern.

Für die geistigen Fähigkeiten ist es natürlich vor allem auch wichtig, ausreichend zu trinken. Viele Demenzkranke vergessen schlicht zu trinken oder sie haben kaum ein Durstempfinden. Es ist daher sinnvoll, Getränke möglichst offen und sichtbar stehen zu lassen oder sogar das Glas eingeschenkt stehen zu lassen, damit es zum Austrinken animiert. Da sich im Lauf einer Demenzerkrankung oft eine Tendenz entwickelt, lieber Süßes zu essen und zu trinken, kann man ausprobieren, ob z.B. eine süße Orangenlimonade oder gesüßter Früchtetee lieber getrunken werden als das stille Wasser, das der Kranke früher regelmäßig trank. Auch z.B. durch Götterspeise, Milch, Joghurt und Suppen kann dem Körper Flüssigkeit zugeführt werden.

Um festzustellen, ob der Körper eines Menschen mit Flüssigkeit bereits unterversorgt ist, kann man z.B. die Haut auf dem Handrücken oder am Arm mit zwei Fingern kurz etwas zusammenziehen, sodass sich eine Hautfalte bildet. Bleibt die Hautfalte stehen und verschwindet nicht unmittelbar, nachdem die Finger weggenommen werden, kann Flüssigkeitsmangel bestehen. Ebenso ist ein kontinuierlicher Gewichtsverlust ein Hinweis für zu wenig essen. Manche Demenzkranke entwickeln im Verlauf ihrer Erkrankung generell eine Tendenz, weniger zu essen und nehmen daher ab. Oder sie sind bewegungsaktiver als früher und nehmen deshalb ab. Auch bei einer Gewichtsabnahme sollte man daher nicht vorschnell mit eingreifenden Entscheidungen reagieren. Manchmal genügt es, mehr Anregungen für kleine Speisen zwischendurch zu schaffen, z.B. Süßigkeiten und Obst offen in der Wohnung zu platzieren. (Bei der Alzheimer Gesellschaft ist eine Broschüre zum Thema „Ernährung Demenzkranker im häuslichen Bereich“ erhältlich: über den Landesverband Baden-Württemberg Tel. 0711 24849660 oder den Bundesverband Tel. 030 31505733).

Wenn erhebliche Gesundheitsgefahren durch das häufige Essen verdorbener Lebensmittel drohen oder akute Brandgefahr durch Zigarettenasche, Kerzen oder vergessene eingeschaltete Herdplatten, besteht Handlungsbedarf, um die Gefahrenquellen möglichst gering zu halten. Es gibt z.B. wirksame Herdsicherungen durch Hitzeüberwachung, man kann die Wohnung regelmäßig nach verdorbenen Lebensmitteln durchsuchen und Kerzen, Zigaretten, Streichhölzer und Feuerzeuge aus der Wohnung entfernen. Nicht selten werden Risiken jedoch auch aufgrund von Ängsten des Umfelds überschätzt. (Es entstehen zum Beispiel laut Statistik mehr Wohnungsbrände durch die Unachtsamkeit junger Erwachsener als durch ältere Menschen).

Wenn ein allein lebender demenzkranker Mensch einmal den Weg nach Hause nicht mehr findet, wird oft angenommen, dass nun der Zeitpunkt für den Umzug in ein Pflegeheim unweigerlich gekommen ist. Doch auch hier sollte man zunächst abwägen und sich die Frage stellen, ob die Risiken und Belastungen, die sich durch ein gelegentliches sich Verlaufen ergeben, schwerer wiegen, als ein möglicher Verlust an Lebensqualität durch den Umzug in eine Pflegeeinrichtung. So waren sich beispielsweise drei Kinder einer demenzkranken Frau sicher, dass ihre allein lebende Mutter sich auch in einem guten Heim sehr unwohl fühlen würde. Sie liebte ihre eigene Wohnung und ihren Freiraum trotz fortgeschrittener Demenz über alles. Die Kinder akzeptierten daher, dass sie ihre Mutter zwei bis dreimal im Monat in der Stadt suchen mussten oder dass sie von der Polizei nach Hause gebracht wurde. Eines Tages verunglückte die Mutter bei einem Verkehrsunfall tödlich, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt noch weitgehend in der Lage war, auf den Straßenverkehr zu achten. Die Kinder zweifelten im Nachhinein trotzdem nicht, richtig für die Mutter entschieden zu haben.

Wenn bei einem allein lebenden demenzkranken Menschen jedoch Ängste und Einsamkeit in der eigenen Wohnung so zunehmen, dass er sich trotz tagsüber mehrstündiger Betreuung immer dann, wenn er alleine in der Wohnung ist, sehr hilflos und verloren fühlt, sollte man eine Entscheidung für den Umzug treffen. Nach einer Eingewöhnungsphase im Heim kann es sein, dass er sich in der geschützten Umgebung und Struktur des Heims wohler fühlt als zu Hause.

Alternativ zum Umzug in ein Pflegeheim kann man auch überlegen, z.B. eine Hilfskraft aus Osteuropa zu engagieren, die mit dem älteren Menschen in der Wohnung lebt und ihn betreut. Die Hilfskräfte können mittlerweile auch beim Arbeitsamt angemeldet werden und dann für längere Zeit bleiben. Wichtig ist besonders bei der Unterstützung allein lebender demenzkranker Menschen, dass die Hilfskräfte Deutschkenntnisse haben, eine gute Beziehung zum Kranken aufbauen können und möglichst Vorerfahrungen in Betreuung und Pflege besitzen. Die Gefahr ist groß, an Menschen zu geraten, die zwar aus finanzieller Not heraus in Deutschland arbeiten möchten, jedoch kaum Kompetenzen mitbringen. Es gibt mittlerweile vereinzelt seriöse Vermittlungsagenturen, die behilflich sein können. Ansonsten empfiehlt es sich, sich im Bekanntenkreis und der Nachbarschaft umzuhören, um eventuell mit Personen in Kontakt zu kommen, deren Kompetenzen bereits bekannt sind.

Auch der Umzug zu Familienangehörigen, etwa zu den Kindern, kann eine Alternative zum Heim sein. Auch hierbei ist aufgrund der erheblichen Veränderungen des Lebensrahmens für den Kranken eine Entscheidung gut zu überlegen. Schon ein einwöchiger Besuch bei Verwandten kann einen demenzkranken Menschen unter Umständen so aus seinem gewohnten Lebensrhythmus bringen, dass er danach lange braucht, bis er sich wieder in seiner Wohnung zurecht findet. Fragen, die man sich stellen sollte, sind z.B.: Hat der Demenzkranke noch Fähigkeiten, um sich an ein neues Umfeld zu gewöhnen und sich zurecht zu finden? Ist genügend Platz für den Kranken vorhanden? Können und wollen die Angehörigen genügend Zeit für die Betreuung aufbringen? Kann die Betreuung auch geleistet werden, wenn die Desorientiertheit und der Hilfebedarf zunehmen? Können sich alle Familienangehörigen (z.B. auch der Ehepartner und die Kinder) auf die neue Situation einstellen? War der Kranke schon einmal für einige Tage probeweise zu Besuch und fühlte sich dabei wohl oder zumindest nicht sehr unwohl?

Eine weitere Alternative können in Zukunft so genannte „ambulant betreute Wohngemeinschaften“ für Demenzkranke werden (in Berlin gibt es bereits viele solcher Wohngemeinschaften, im Süden Deutschlands entstehen sie erst vereinzelt). In einer großen speziell dafür umgebauten Wohnung werden 4-8 demenzkranke Menschen in häuslicher Umgebung betreut. Die Kranken ziehen als Mieter in die Wohnung ein, haben ein eigenes Zimmer und können Wohnzimmer, Küche usw. gemeinsam nutzen. Die Betreuung wird meist durch mindestens eine ständig anwesende Betreuungsperson, Mitarbeiter eines Pflegedienstes und den Angehörigen gemeinsam geleistet. Für eine ambulant betreute Wohngemeinschaft sind Engagement und Kooperationsbereitschaft der Angehörigen wichtig.

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8. Pro und Contra für den Umzug in eine Pflegeeinrichtung stichwortartig zusammengefasst:

Spricht für einen Umzug

Spricht gegen einen Umzug

Die eigene Wohnung wird oft nicht mehr erkannt und Wege in der Wohnung etwa zur Toilette werden nicht mehr gefunden

Die Wohnung wird noch gut erkannt, wichtige Dinge werden in der Wohnung noch gefunden und die vertraute Umge-bung stützt die Identität des Kranken.

Die kranke Person reagiert nicht so stark auf Verän-derungen im gewohnten Ablauf. Sie geht bei Besuchen oder Ausflügen mit, ohne sich danach sehr beein-trächtigt zu fühlen oder verstärkt desorientiert zu sein.

Selbst kleine Veränderungen im gewohnten täglichen Ablauf verunsichern den Kranken und können sich teilweise noch Stunden danach negativ auswirken.

Die demenzkranke Person ist gern unter anderen Menschen (auch fremden) und kann sich noch gut in eine Gemeinschaft einfügen

Die Person ist misstrauisch und lehnt Kontakte zu neuen Personen oft ab, auch wenn diese bemüht sind, sich auf sie einzustellen.

Ängste und Einsamkeit treten auf, wenn der allein lebende Kranke mehrere Stunden allein in der Wohnung ist, da er sich oft hilflos und verloren fühlt.

Trotz Verwahrlosungstendenzen und gewisser Risiken fühlt sich ein allein lebender Kranker noch wohl in seiner Wohnung

Ein allein lebender Mensch sehnt sich nach Kontakten und Umsorgt Sein, das in der Wohnung jedoch nicht mehr leistbar ist.

Ein demenzkranker Mensch war über viele Jahre gewohnt, allein und unabhängig zu leben und fühlte sich dabei auch wohl.

Die betreuenden Angehörigen sind sehr angespannt und durch die Pflege überfordert. Es kommt zu Spannungen und Konflikten. Hilfen von Außen (Pflege-dienste, Helferkreise, Betreuungsgruppen, Tagespflege) können nicht erweitert werden oder können die Überforderungssituation nicht wesentlich abmildern.

Ein Demenzkranker fühlt sich in seinem sozialen Umfeld zu Hause sehr gut betreut und versorgt. Er hängt sehr an den Menschen, die ihn betreuen.

Verhaltensweisen wie Nachtunruhe, aggressive Tendenzen, Kotschmieren oder Ähnliches nehmen deutlich zu und Medikamente wie auch betreuende Hilfe bringen keine wirksame Entlastung

 

Der Kranke hat einen hohen Bewegungsdrang und fühlt sich in der Wohnung oft eingesperrt. Eine Begleitung beim Spaziergang kann nicht oft genug ermöglicht werden.

 

Es wird ein Platz in einer geeigneten Pflegeeinrichtung angeboten

Es gibt in der Umgebung kaum geeignete Pflegeeinrichtungen für Demenzkranke

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9. Wie ist der Umzug eines demenzkranken Menschen in ein Pflegeheim auch gegen seinen Willen möglich?

Zunächst muss eine andere Person entweder eine gültige möglichst notariell beglaubigte Vollmacht besitzen (in der auch Entscheidungen zur Bestimmung des Aufenthaltsorts oder für eine geschlossene Unterbringung einbezogen sind). Oder die Person muss vom Gericht als „gesetzlicher Betreuer“ und damit anerkannter rechtlicher Vertreter des Kranken bestellt worden sein.

Jeder Bürger unseres Landes kann und soll für einen anderen Menschen eine „gesetzliche Betreuung“ bei Gericht anregen, wenn der andere nicht mehr in der Lage ist, wichtige Entscheidungen in seinem Leben selbst und zu seinem eigenen Wohl zu treffen. Das Gericht prüft die Anregung und richtet bei Bedarf dann eine „gesetzliche Betreuung“ ein. Als „gesetzlicher Betreuer“ wird nach Möglichkeit ein verantwortungsvoller Angehöriger bestellt, der dem Kranken nahe steht und sich für diese Aufgabe anbietet.

Um einen möglichen Missbrauch einer Vollmacht oder gesetzlichen Betreuung auszuschließen, muss bei einem Umzug ins Heim, der gegen den Willen des Kranken erfolgt, zusätzlich das Vormundschafts- oder Amtsgericht in diese Entscheidung einbezogen werden und zustimmen.

In ganz schwierigen Situationen, wenn der Kranke sich aktiv gegen den Umzug wehrt, muss notfalls die Polizei einbezogen werden, um den Kranken ins Heim zu begeleiten.

Bei schwerer verwirrten Menschen kann es aus Sicht des Kranken sinnvoll sein, ihm den Umzug ins Pflegeheim diplomatisch als vorübergehenden Aufenthalt etwa in einem Krankenhaus oder in einer Kur zu vermitteln. Oft scheuen sich Angehörige vor dieser „Unehrlichkeit“. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die Kranken sich leichter tun, wenn sie die Lebensveränderung zunächst nicht als so unumkehrbar und umfassend wahrnehmen müssen. Wenn sie sich im Lauf der ersten Wochen an die neue Umgebung gewöhnt haben, werden Fragen und die Sehnsucht nach dem alten Zuhause meist seltener oder treten gar nicht mehr auf. Entscheidend ist hier das Grundprinzip, sich an dem zu orientieren, was für den Kranken die beste Erklärung und die beste Vorgehensweise ist. Informationen über kommende Ereignisse verunsichern Demenzkranke oft erheblich, wenn sie deren Auswirkungen nicht mehr richtig einschätzen können. Sie entwickeln große Ängste vor dem, was bevorsteht und möchten das Ereignis vermeiden. Dies ist z.B. ganz ähnlich, wenn ein Arztbesuch bevorsteht und schon frühzeitig angekündigt wird.

Diese Anregung darf jedoch nicht pauschal übernommen werden. Jeder Kranke reagiert unterschiedlich und es muss individuell überlegt und erspürt werden, was der beste Weg sein kann. Wenn der Kranke in der Lage ist, zu erkennen, dass er sich in einem Pflegeheim befindet, kann durch eine Erklärung, die er als falsch erkennt, großes Misstrauen hervorgerufen werden.

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10. Kann man den Kranken wieder nach Hause nehmen?

Wenn Sie eine Vollmacht haben oder gesetzlicher Betreuer der demenzkranken Person sind, können Sie sie jederzeit wieder nach Hause nehmen und die Pflege und Betreuung zu Hause fortsetzen. In Heimverträgen ist meist eine Kündigungsfrist von einem Monat vorgesehen. Die Kosten des Heimplatzes müssen daher unter Umständen noch für einige Wochen weiter bezahlt werden. Kann das Heim den Pflegeplatz jedoch vor Ablauf dieser Frist wieder neu besetzen, darf es Ihnen ab diesem Zeitpunkt keine Kosten mehr in Rechnung stellen. Es würde sonst für einen Pflegeplatz doppelt Kosten erheben. Das ist nicht erlaubt.

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11. Wie oft kann oder sollte man zu Besuch kommen? Kann man den Kranken z.B. an Feiertagen mit nach Hause nehmen?

Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, sondern hängt von mehreren Faktoren ab. Gerade in der ersten Zeit nach dem Einzug ins Pflegeheim kann es dem Kranken gut tun, wenn er durch häufige Besuche spürt, dass er trotz der veränderten Lebenssituation von seinen Angehörigen nicht alleine gelassen wird. Andererseits lässt er sich möglicherweise dann auch weniger auf die neue Umgebung und die neuen sozialen Kontakte ein. Er orientiert sich nach wie vor nur an dem Angehörigen, der täglich vielleicht für mehrere Stunden zu Besuch kommt. Zudem hängt es vom Krankheitsstadium ab. Ein leicht demenzkranker Mensch realisiert unter Umständen noch gut, dass er täglich Besuch bekommt und er wartet ganz bewusst darauf. Ein schwer verwirrter Mensch hingegen hat bereits nach kurzer Zeit vergessen, dass er Besuch bekam und weiß nicht, wenn ein Besuch wiederkommen wird. So gesehen fällt die Entscheidung bei einem schwer verwirrten Menschen leichter: es ist nicht davon auszugehen, dass sich der Kranke auch bei häufigeren Besuchen weniger auf die neue Umgebung einlässt. Denn er hat den Besuch schon nach kurzer Zeit vergessen. (Das heißt nicht, dass Besuche wirkungslos sind. Wir wissen heute, dass wir ein „emotionales“ Gedächtnis haben, das selbst bei schwer verwirrten Menschen noch ganz oder teilweise intakt ist. So kann eine gute und schöne Erfahrung noch lange nachwirken. Zum Beispiel werden auf diese Weise auch Personen aufgrund ihrer emotionalen Wirkung wieder erkannt, auch wenn der Kranke nicht mehr dazu in der Lage ist, sich den Namen oder das Aussehen der Person einzuprägen.)

Für eine Entscheidung zur Häufigkeit und Dauer von Besuchen ist auch ausschlaggebend, wie ein demenzkranker Mensch konkret auf bestimmte Besuche reagiert. Machen die Besuche ihn sehr unruhig oder bedrückt, bringen sie ihn sehr aus seinem Lebensrhythmus oder fühlt er sich dabei eher wohl und entspannt. Auch, wie es ihm nach dem Besuch geht, ist wichtig. So kann es sein, dass der Kranke sich sehr wohl fühlt, wenn ein vertrauter Angehöriger zu Besuch ist. Hinterher ist er jedoch über ein oder mehrere Stunden sehr verzweifelt, da er den Angehörigen ständig sucht und nicht verstehen kann, warum er nicht mehr anwesend ist. In diesem Fall muss man abwägen, was dem Kranken letztlich mehr Lebensqualität ermöglicht und hilfreicher für ihn ist: die Freude über den Besuch oder das Vermeiden der schmerzlichen Abschiedssituation. Aufgrund einer solchen Situation jedoch ganz auf Besuche zu verzichten, wäre sicher nicht sinnvoll. Oft spielt es sich im Laufe der Zeit ein, sodass der Kranke leichter damit umgehen kann, wenn der Besuch wieder weggeht. Günstig ist in jedem Fall, wenn der Angehörige der kranken Person beim Abschied vermittelt, dass er bald wieder zu Besuch kommt. Ebenso ist es günstig, wenn die kranke Person nach der Verabschiedung von Mitarbeitern in eine Aktivität einbezogen werden kann (z.B. Körperpflege, Essen). Auf diese Weise fühlt sie sich nicht verlassen und wird vom Abschiedsschmerz abgelenkt.

Meist ist es einfach zunächst notwendig, Erfahrungen mit der Besuchssituation zu sammeln, um ein Gespür dafür zu bekommen, welche Häufigkeit und Dauer von Besuchen für den einzelnen demenzkranken Heimbewohner angemessen ist und wie der Abschied nach dem Besuch am besten gestaltet werden kann. Bleiben Sie darüber auch mit anderen Betreuenden wie z.B. den Pflegemitarbeitern im Heim im Gespräch und beziehen deren Erfahrungen mit ein.

Letztlich ist auch wichtig, welches Bedürfnis der Angehörige bezüglich der Besuche beim demenzkranken Familienmitglied im Heim hat. Falls der Angehörige unter großen Schuldgefühlen leidet oder selbst sehr unglücklich ist über den Umzug des Demenzkranken ins Pflegeheim, kann sich die bedrückte Stimmung des Angehörigen bei den Besuchen leicht auf den demenzkranken Menschen übertragen. Es ist daher wichtig, dass Angehörige sich trotz des Bedürfnisses nach Besuchen auch zugestehen, auf Besuche zunächst zu verzichten oder die Zeit der Besuche kürzer zu halten.

Fast jeder Angehörige leidet zunächst unter Schuldgefühlen, wenn er die Betreuung eines demenzkranken Familienmitglieds an eine Pflegeeinrichtung übergibt. Es dauert oft Wochen oder Monate, bis solche bedrückenden oder quälenden Gedanken nachlassen. Sprechen Sie mit verständnisvollen Menschen darüber und gestehen Sie sich diese Gedanken und Gefühle als Teil ihrer Sorge und ihrer Trauer um ihren Angehörigen zu. Richten Sie ihren Blick zunehmend auf die neuen Möglichkeiten, die Ihnen die Veränderungen durch die Betreuung im Heim bieten, wie z.B. ausgeruht zum Besuch zu kommen und wieder gehen zu können, wenn es belastend wird. Je mehr es Ihnen mit der Zeit möglich ist, sich bei Besuchen gelassen und zugewandt zu zeigen, desto mehr profitieren Sie selbst und auch Ihr demenzkranker Angehöriger von Ihren Besuchen.

Oft sind die Angehörigen auch unsicher, was sie mit dem Kranken während des Besuchs sprechen oder tun sollen. Auch hier wirken sich Schuldgefühle und überhöhte Ansprüche an sich selbst eher negativ auf den Kranken aus. Es genügt manchmal, einfach da zu sein und dem Kranken zu zeigen, dass er nicht alleine gelassen wird. Kurze häufigere Besuche können sinnvoller sein als gelegentliche ausgedehnte Besuche, bei denen eventuell der Gesprächsstoff ausgeht oder Langeweile auftritt. Angehörige können sich z.B. auch in der Einrichtung erkundigen, ob sie sich an bestimmten Aufgaben beteiligen können, wie z.B. Geschirr abspülen, aufräumen oder Ähnliches. So kann die Zeit der Besuche durch unterschiedliche Aktivitäten aufgelockert werden. Darüber hinaus können auch Pflegemitarbeiter Anregungen geben, zu welchen Aktivitäten der Demenzkranke animiert werden kann oder man probiert selbst einfach das eine oder andere aus.

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12. Was kostet ein Pflegeheimplatz? Muss notfalls die eigene Wohnung zur Finanzierung verkauft werden?

In der folgenden Tabelle finden Sie die durchschnittlichen Kosten für eine stationäre Pflegeeinrichtung in Stuttgart. Spezielle Pflegeeinrichtungen für Demenzkranke, die mehr Mitarbeiter eingestellt haben und dadurch höhere Personalkosten haben, können um bis zu einige hundert Euro im Monat teurer sein. Der Anteil, den die Pflegeversicherung übernimmt ist bei allen Einrichtungen grundsätzlich gleich und verändert sich nur durch die Pflegestufe.

Reichen die Rente und das Sparvermögen für die Heimkosten nicht aus, muss rechtzeitig ein Antrag auf finanzielle Unterstützung beim zuständigen Sozialamt gestellt werden. Bevor das Sozialamt sich an den Kosten beteiligt, muss das Sparvermögen bis auf einige 1000 € aufgebraucht sein.

Die Eigentumswohnung oder das Haus, in dem der Ehepartner des Kranken lebt, bleibt zunächst geschützt und muss nicht verkauft werden, um den Heimaufenthalt zu finanzieren. Erst wenn der Erbfall eintritt, kann das Sozialamt bis zur Höhe der bereits erstatteten Leistungen Rückforderungen stellen und einen Teil des Erbes vom Haus oder der Wohnung für sich beanspruchen. Dem Ehepartner bleibt für den eigenen Lebensunterhalt in jedem Fall ein ausreichender Teil der gemeinsamen Rente, den er nicht für die Heimkosten einsetzen muss.

Kinder werden nur bedingt zu Unterhaltszahlungen für ihre pflegebedürftigen Eltern herangezogen. In der Regel wird nur das laufende Einkommen (nicht Sparvermögen oder Eigentum) zur Berechnung von Unterhaltszahlungen zugrunde gelegt. Die Kinder sollen ihren bisherigen Lebensstandard weitgehend erhalten können. Daher sind Zahlungen meist nur bei gutem Einkommen und in vertretbarer Höhe zu leisten.

Beispiel

 

Pflegestufe 0

Pflegestufe 1

Pflegestufe 2

Pflegestufe 3

Kostensatz des Pflegeheims

1.800 €

2.500 €

2.800 €

3.200 €

Leistungen der Pflegeversicherung

0,00 €

1.023 €

1.278 €

1.432 €

verbleibender Kostenanteil

1.800 €

1.477 €

1.522 €

1.768 €

Das Beispiel bezieht sich auf ein Stuttgarter Heim mit durchschnittlichen Kostensätzen.
Einzelne Heime können derzeit um bis zu 400 €  höher oder niedriger liegen.

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