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Erfahrungsaustausch zum Thema Angehörigengruppen

Erfahrungsaustausch zum Thema Angehörigengruppen
bei der Mitgliederversammlung der Deutschen Alzheimer Gesellschaft in Offenbach im Mai 1998
Gedächtnisprotokoll von Bettina Rath, Alzheimer Gesellschaft Mittelhessen e.V.
Geiersberg 15, 35578 Wetzlar, Tel. 06441 / 43742, FAX 06441 / 43813, alges-mittelhessen@metronet.de

1. Dauer
2. Differenzierung der Gruppen
3. Angeleitete Gruppe
4. Gruppenklima
5. Verhältnis Einzelberatung – Gruppe
6. Angehörigengruppe als Teil der Betreuungsgruppe
7. Betreuungsangebot für die Kranken während der Gruppe
8. Verschiedenes

1. Dauer

Es wurde die Erfahrung berichtet, dass Gruppen, die voller Elan und mit einem starken Zusammengehörigkeitsgefühl begonnen haben, sich nach ein paar Jahren ausdünnen und das Ausfüllen durch neue Teilnehmer nicht gut gelingt. Die Neuen bleiben oft nur ein paar mal, ggf. bis alle ihre drängenden Fragen beantwortet sind, und kommen dann nicht mehr. Eine mögliche Lösung dieses Problems ist es, die Gruppe zeitlich zu begrenzen. Dafür spricht, dass so für einen gewissen Zeitraum ein wirklich stabile Gruppe mit gleich bleibenden Mitgliedern entsteht. Dagegen spricht, dass die persönliche Anbindung an die Gruppe sich nicht so stark entwickeln kann, wenn die Gruppe zeitlich begrenzt ist. Die größeren Alzheimer Gesellschaften haben sowohl zeitlich begrenzte wie auch familienähnliche dauerhafte Gruppen.

Auch andere berichten, dass es wichtig ist, zwischen der Gruppe der "alten Hasen" und den Neuen zu trennen. Wenn diese Trennung nicht vollzogen werden kann, hat es sich bewährt, für neue Teilnehmer einen Paten aus der Gruppe zu bestimmen und einen Hausbesuch zu machen. In Wiesbaden trifft sich die Vorsitzende mit den Neuen parallel zu den Treffen der "Alten". Später werden diese dann in die Gruppe integriert.

2. Differenzierung der Gruppen

Viele Alzheimer Gesellschaften bieten unterschiedliche Gruppen an. Frau Tschainer berichtete aus Nürnberg, dass sie die Angehörigenarbeit in drei Stufen vornehmen.

Stufe 1: Es gibt einen Info-Kurs für die pflegenden Angehörigen, der über die Pflegekasse finanziert wird. Dieser trifft sich 8 - 9 mal.
Stufe 2: Alle 14 Tage trifft sich eine offene Gesprächsgruppe, die von einer Fachperson angeleitet wird und bei der parallel eine Betreuung der Kranken angeboten wird.
Stufe 3: Es gibt die klassische Selbsthilfegruppe in Form eines Stammtisches, die sich monatlich trifft, kontinuierlich, ohne Zeitbeschränkung und auch ohne Anleitung.

Angestrebt ist eine Differenzierung im Gruppenangebot zwischen pflegenden Ehepartnern und pflegenden Kindern, weil sich für diese beiden Gruppen doch sehr unterschiedliche Probleme stellen.

Zur Zeit wird auch eine Gruppe für Angehörige angeboten, die ihre Kranken ins Heim gegeben haben und die sehr wichtig ist zur Bearbeitung der Schuldgefühle.

Auch eine Gruppe derjenigen, bei denen die Angehörigen schon gestorben sind, macht Sinn.

3. Angeleitete Gruppe

Es stellt sich die Frage, ob die Angehörigengruppe durch eine Fachkraft begleitet werden sollte. Hier gibt es unterschiedliche Erfahrungen und Optionen. Die Münchener Alzheimer Gesellschaft führt Gruppen mit acht bis zehn Treffen durch, die sich 14tägig treffen und fachlich angeleitet sind, sogenannte psychoedukative Gruppen, und zwar einmal im Jahr. Nochmal wird betont, dass die Angehörigengruppe über SGB XI § 45 abgewickelt werden kann, und zwar für 10 Abende. Pro Abend stellt die Pflegekasse ein Honorar von ca. 200,00 DM zur Verfügung. Aus Münster wird berichtet, dass es dort zusätzlich zu diesem Eingangspflegekurs Fortsetzungskurse mit stärker psychotherapeutischem Akzent gebe.

4. Gruppenklima

Es hat sich bewährt, die Gruppe immer mit einem Blitzlicht zu beginnen, in dem jede sagen kann, wie es ihr geht, und sich auch jedes Mal ein Thema für das Treffen vorzunehmen.

In Hamburg wird für Langredner ein Glöckchen eingesetzt. Weitere Tipps: Es ist wichtig, immer wieder alle persönlich einzuladen.

5. Einzelberatung - Gruppe

Viele Alzheimer Gesellschaften bieten eine Einzelberatung an und sind telefonisch gut zu erreichen. Aus Wetzlar wird berichtet, dass das Angebot der Einzelberatung zu einer Minderung des Interesses an der Angehörigengruppe geführt hat. Viele Fragen können im Einzelgespräch sehr intensiv durchgesprochen werden, so dass kein Bedarf mehr für eine Gruppe besteht. Diese wird jedoch in jeder Einzelberatung angeboten und betont, wie wichtig der Erfahrungsaustausch der Betroffenen ist.

6. Betreuungsgruppen

Bei den Betreuungsgruppen wird auch regelmäßig ein Gesprächsabend für die pflegenden Angehörigen angeboten. Die Betreuungsgruppen sind kleine Gruppen, die Stadtteilbezogen arbeiten, oft mit Anbindung an weitere praktische Hilfsangebote für die Angehörigen. Herr Lade berichtet aus Baden-Württemberg, dass Richtlinien für Betreuungsgruppen auf Landesebene erstellt wurden, die dort auch abgerufen werden können.

7. Betreuungsangebot

Es gibt die Erfahrung, dass Ehepartner von Demenzkranken die Teilnahme an einem Pflegekurs zwar beginnen, aber nach zwei bis dreimal abbrechen, weil sie ihren Partner nicht mehr alleine lassen können und niemanden finden, der den Kranken in der Zeit betreut. Die Pflegekurse müssten zu einem viel früheren Zeitpunkt einsetzen, wenn der kranke Partner noch alleine gelassen werden kann. Viele Gruppen machen ein paralleles Betreuungsangebot für die Kranken in der Zeit der Gruppentreffen. Die Teilnahme der Kranken an der Angehörigengruppe wurde überwiegend als problematisch eingeschätzt, weil die Angehörigen dann nicht so offen sprechen können.

8. Verschiedenes

Eine wichtige Frage ist, wie wir einen Kontakt zu den Angehörigen heranstellen können, die nicht in eine Betreuungsgruppe oder eine Gesprächsgruppe kommen.

In Nürnberg gibt es auch noch einen ehrenamtlichen Dienst, der als Entlastung nach Hause geht, und auch während der Einzelberatung in der Alzheimer Beratungsstelle die Betreuung zu Hause übernimmt. Dieser ehrenamtliche Dienst kann mit 15,00 DM pro Stunde über die Pflegeversicherung abgerechnet werden. Insgesamt ist es so, dass das Land Bayern derzeit 30.000,00 DM pro 100.000 Einwohner für Angehörigenarbeit bezahlt (Bayrisches Netzwerk Pflege). Es wird gerade dieses Netzwerk aufgebaut mit Fachkräften für Angehörigenarbeit in der Altenhilfe, ähnlich wie die IAV-Stellen in Baden-Württemberg.

 

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