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ZNS-SPEKTRUM

Integration Dementer in Heimen

© Dr. Dr. Herbert Mück, Köln

Düsseldorf/Essen. Seit 1987 gibt es im Rheinland Konzepte zur Integration Demenz-Kranker in Altenpflegeeinrichtungen. B. Höft und H. J. Paulus beschreiben die innovativen Seiten eines solchen Ansatzes.

Für eine Integration sprechen nach Ansicht der Autoren mehrere Argumente:

  1. Die Isolation (Desintegration) Dementer verschlimmert ihre Verwirrtheitszustände, statt sie zu bessern.
  2. Umzüge innerhalb eines Pflegeheimes auf eine "Spezialstation" komplizieren die Situation für Verwirrte; Integrationskonzepte machen sie dagegen entbehrlich.
  3. Gleichzeitig wird eine Stigmatisierung bzw. die Bildung eines "Ghettos im Ghetto" vermieden.
  4. Stützende Maßnahmen für Verwirrte (z.B. Orientierungshilfen) nutzen(präventiv) auch Nichtverwirrten.

"Umziehen" statt "Verlegen"

Die Autoren betonen, wie wichtig es ist, den Umzug in ein Pflegeheim behutsam vorzubereiten und einfühlsam zu begleiten. Leider findet der "Umzug" häufig in Form einer "Verlegung" statt (vom Krankenhaus direkt ins Heim). Zu einer "Auswahl" oder gar einer vorherigen Besichtigung kommt es selten. Dies erschwert es dem "Verlegten", eine positive Einstellung zu seiner neuen Heimat zu finden. Meist ist es dem Betroffenen auch nicht mehr möglich, seine Lebensverhältnisse "zu ordnen" und aktiv Dinge auszuwählen, die er mitnehmen möchte. Den Umzug selbst erledigen im günstigsten Fall nahestehende Bezugspersonen, häufig aber auch Fremde.

Keine Stationswechsel

Wer einmal auf einer bestimmten Station seine "Bleibe gefunden hat", sollte sie auf Dauer behalten dürfen. Heiminterne Umzüge schaffen nur unnötige Probleme, besonders wenn es sich um die Verlegung auf eine gesonderte Pflegestation handelt. Dies kann bei den Bewohnern panische Angst auslösen, wenn sie den Ortswechsel als Zeichen für den bald zu erwartenden Tod werten.

Lebenslauf als Betreuungshilfe

Angehörige erleichtern dem Kranken den Wechsel in die neue Lebenswelt, wenn sie für ihn einen möglichst ausführlichen Lebenslauf erstellen und diese Information den künftigen Heimbetreuern an die Hand geben. In ein solches Schriftstück gehören Hinweise auf feste Gewohnheiten des Kranken, beispielsweise frühes Aufstehen, spätes Zubettgehen, spezielle Reihenfolgen beim Waschen und Ankleiden, bestimmte Vorlieben beim Essen, Familienregeln und -traditionen (Kirchgang, Begehung von Festen). Solche Notizen helfen dem Heimpersonal, bewohner- und biographieorientiert Zeit zu strukturieren und Tagesabläufe zu gestalten. Indem die Pflegekräfte alte Gewohnheiten des Kranken berücksichtigen, erhalten sie seinen weitgehend "normalen" Tagesablauf. Die Dinge bleiben "wie sie waren". Sie fördern ein Gefühl von Geborgenheit und wirken wie ein "Sicherheitsgurt", der Unruhe sowie Verwirrtheit verringert, insbesondere bei einem gestörten Tag-Nacht-Rhythmus. Termine, die den Tag strukturieren und von der Einrichtung vorgegeben werden (wie Badezeiten, Aufstehen usw.) sollten möglichst flexibel gehandhabt werden. Gewohnheiten der Bewohner (also deren "innere Uhr") können dann weitgehend berücksichtigt werden. Modelle flexibler Personal-Arbeitszeiten erleichtern es den Betreuern, länger anwesend und damit "sichtbar" zu sein, was wiederum das Gefühl von Sicherheit bei den Bewohnern stärkt.

Wer angenehme Lebensereignisse des Demenz-Kranken kennt, kann dieses Wissen nutzen, um kritische Situationen wie einen Streit zu entschärfen. Dazu lenkt man das Gespräch auf angenehme Erinnerungen des Patienten und verhilft ihm so, sich in einen positiven Gefühlszustand zu versetzen. Umgekehrt vermeidet man am besten Erinnerungen, die mit negativen Emotionen belastet sind und unnötig Gereiztheit, Trauer oder Aggressivität auslösen.

Das Verfassen eines Lebenslaufes eignet sich dazu, Angehörige in die Betreuungsarbeit einzubeziehen. Dies ist sinnvoll, da pflegende Angehörige weiterhin die wichtigsten Bezugspersonen des Patienten bleiben und meist sehr nützliche Informationen über den Demenz-Kranken geben können (zu spezifischen Krankheitserscheinungen, bewährten Vorgehensweisen bei Störungen und erprobten Ansätzen zur Förderung verbliebener Fertigkeiten). Angehörige haben so die Gelegenheit, mögliche Schuld- und Insuffizienzgefühle zu verringern.

Wohnliche Heimgestaltung

Heime für Demenz-Kranke sollten überschaubar und wohnlich gestaltet sowie möglichst wenig verwinkelt sein. Die Bewohner sollten die Möglichkeit haben, Teile der eigenen Wohnungseinrichtung und damit der Lebensgeschichte mitbringen zu können. Optimale Stationsküchen sind so gestaltet, daß sie sich auch für hauswirtschaftliche Arbeiten der Bewohner eignen. Für Demenz-Kranke sind nämlich kurze Phasen der "Mitarbeit" beim Backen oder Kochen in der Stationsküche oft sinnvoller und leichter möglich als ein längerer Aufenthalt in der mitunter entfernteren "Beschäftigungstherapie".

Kompetenzförderung durch kleine Einkäufe und Bankgeschäfte

Die Möglichkeit, innerhalb des Heimes (etwa in einer Art Kiosk) weiterhin selbständig einkaufen oder einen Frisör aufsuchen zu können, erhält die Alltagskompetenzen. Vor diesem Hintergrund wäre es auch zu begrüßen, wenn Banken und Sparkassen in Altenpflegeheimen Kassenstunden einrichten würden.

B. Höft, H. J. Paulus: Leitlinien für die integrative Betreuung dementer Bewohner in Altenpflegeeinrichtungen. Z. Gerontol. Geriat. 29 (1996), 150-158


Wir danken

für die Bereitstellung des Textes aus dem ZNS- bzw. DEMENZ-SPEKTRUM

Alzheimer Angehörigen-Initiative e.V.

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Letzte Änderung am 13. Februar 2001

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