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Autofahren trotz Alzheimer-Demenz

© Dr. Dr. Herbert Mück, Köln

USA. Verglichen mit der Gesamtheit aller Autofahrer verursachen motorisierte Patienten mit einer Alzheimer-Demenz nur wenig mehr Verkehrsunfälle. Junge männliche Autofahrer verunglücken im Vergleich zu dementen Senioren sogar weitaus häufiger am Steuer. Erst im vierten Erkrankungsjahr überflügeln Alzheimer-Patienten in puncto Unfallrisiko auch diese Gruppe. Fazit: In den ersten zwei bis drei Jahren einer Alzheimer-Demenz wird man den Betroffenen das Autofahren wohl kaum verbieten können.

Zu diesen Ergebnissen gelangt eine Forschungsgruppe um D. A. Drachman und J. M. Swearer. Die amerikanischen Neurologen hatten in einer fallkontrollierten Studie das Unfallrisiko von 130 dementen älteren Autofahrern ermittelt und mit dem von 112 altersgleichen nichtdementen Autofahrern verglichen. Als Informationsquelle dienten in beiden Gruppen Angehörige bzw. Betreuer.

Die Alzheimer-Patienten verursachten im Vergleich zu den Kontrollpersonen zwar mehr als doppelt so viele gemeldete Unfälle im Jahr (0,091 gegenüber 0,040 Unfällen pro Person und Jahr); vom Durchschnitt aller amerikanischen Autofahrer (0,068) wich dieser Wert jedoch kaum gravierend ab. Zudem lag er deutlich unter dem Unfallrisiko der bis zu 24 Jahre alten männlichen Autofahrer (0,148).

Die Gefahr, am Steuer zu verunglücken, wuchs mit der Dauer des Alzheimer-Leidens. So betrug das Unfallrisiko im ersten Erkrankungsjahr 0,068 Unfälle pro Person, im zweiten Jahr 0,097, im dritten Jahr 0,093, im vierten Jahr 0,159 und im fünften und weiteren Jahren 0,129.

Die Autoren räumen zahlreiche Schwächen der Studie ein. Zu ihnen gehört die Schwierigkeit, den Beginn einer Alzheimer-Demenz exakt festzulegen. Angesichts der ermittelten Daten plädieren sie dafür, die Frage eines Fahrverbots für Alzheimer-Kranke zumindest in den ersten zwei bis drei Jahren nicht allein an die Diagnose zu knüpfen, sondern an die jeweils individuell zu überprüfende Fahrtüchtigkeit. Die Gefährdung der Allgemeinheit durch autofahrende Demenz-Kranke scheint sich im Rahmen der allgemein tolerierten Grenzen zu bewegen. Das Risiko nimmt zudem dadurch ab, dass Demenz-Kranke weniger Kilometer pro Jahr im Kraftfahrzeug zurücklegen und sie zu einem gewissen Prozentsatz freiwillig auf weiteres Autofahren verzichten.

Bei der Diskussion ihrer Studienergebnisse betonen die amerikanischen Wissenschaftler, dass die ermittelten Daten keineswegs den Schluss zulassen, dass die Alzheimer-Demenz ohne Einfluss auf die Fahrtüchtigkeit sei. Sie fordern deshalb die Entwicklung spezieller Fahrtests für Kranke mit einer beginnenden Demenz. Klassische neurologische Untersuchungen sind dafür kein Ersatz. Im fortgeschrittenen Demenzstadium setzt sich kaum noch ein Kranker hinter das Steuer, so daß sich Fahrprobleme dann meist von selbst erledigen.

D. A. Drachman, J. M. Swearer: Driving and Alzheimer's disease: The risk of crashes. Neurology 1993 (43): 2448-2456


Wir danken

für die Bereitstellung des Textes aus dem ZNS- bzw. DEMENZ-SPEKTRUM

 

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