[AlzheimerForum => Übersicht => Texte für pflegende Angehörige => Literaturhinweise => Poesie & Prosa / Theater & Film]
Logo: AlzheimerForum
Logo: Alzheimer Angehoerigen Initiative e.V.

Advent,

Advent...

ein Lichtlein brennt...

Als ich meiner Mutter diesen Kinderreim langsam vorsprach, sprach sie die Vers-Endungen mit und als ihr 33jähriger, ewig-Kind-bleibender Enkel Oliver weitersprach: Und wenn das fünfte Lichtlein brennt, dann hast Du Weihnachten verpennt, da hat sie aus vollem Herzen gelacht. Ob sie den Witz voll erfasst hatte, sich erinnerte oder einfach nur mit Oliver und mir mitlachen wollte, wissen wir nicht, aber Oliver und ich waren beide sehr erstaunt, ob ihrer plötzlichen "guten" Reaktion.

Die Adventszeit bringt uns sehr viele Erinnerungen/Emotionen an früher. Wir erzählen uns von früher und wir backen zusammen. Auch wenn sie je nach Tagesform nur noch die Verzier-Nüsse auf Fingerzeig in den Teig drücken kann - und dann noch bis zum Grund des Backbleches -, so freut sie sich zumindest an dem Anblick des Backofen-Fensters mit Sicht auf das Gebäck, dem Geruch, den frischgebackenen, noch warmen Plätzchen.

Auch unsere Tante (seit ca. 20 Jahren psychotischer Pflegefall und seit nunmehr einem Jahr bettlägerig) freut sich über das Adventsgesteck ("Vielen Dank für die wunderschöne Blume") und sie freut sich an Erinnerungen, an Aufzählungen von Backzutaten für die Rezepte, die sie früher immer gebacken hat, an Erinnerungen an die Lügenmärchen, die sie uns damals aufgetischt hat. Sie lacht, als ob sie noch genau wüsste, welchen liebenswerten Blödsinn sie uns damals erzählt hat. Tante Luise liebt ihren Weihnachtsbaum und die Krippe, die sie vor ca. 80 Jahren erstanden hat, mit dem Hirten, dessen Nase mein Bruder vor ca. 50 Jahren abgebissen hat. :-)))))

Wir singen "Leise rieselt der Schnee", auch wenn es in Strömen gießt. Was soll's...

Der Tannenbaum ist inzwischen aus Plastik (sie merkt das nicht mehr) und wir haben wesentlich weniger Arbeit, der kommt vollbeladen im Februar in die Abstellkammer und jetzt genauso wieder heraus.

Im letzten Jahr haben wir mit Ma die Weihnachtskarten selbst gestaltet. Das hat sehr viel Freude gemacht, mal schauen, ob es dieses Jahr noch klappt. Aber je nach Tagesform und Anleitung muss es nicht zur Überforderung kommen. Wir nehmen die jetzt überall zu kaufenden, fertigen, verschiedenfarbigen Klappkarten mit passenden Umschlägen. Einen von mir vorbereiteten Kartoffeldruckstempel bestreiche ich mit verschiedenen Aquarellfarben (können natürlich auch einfache Farben sein) ein und Ma bedruckt damit die Karten.

Letztes Jahr war es schon schwierig für sie, zu wissen wo unten oder oben ist.

und mancher Tannenbaum stand Kopf. Aber das fanden wir auch ganz schön. Dieses Jahr werden wir Sterne nehmen, da ist es egal, wie herum sie kommen. Dann habe ich bei meiner Tochter Schablonen entdeckt, mit denen sie sich Farbmuster ins Haar sprüht. Diese Schablonen eignen sich natürlich auch hervorragend für die Weihnachtskarten. Zwischen die gedruckten/gesprühten Sterne kommen noch kleine selbstklebende Silber bzw. Goldsterne.

© Maria Tölle im Dezember 2002

 

Zurück zum Anfang des Dokuments