Im September 1997 hatte ich begonnen, Informationen über die Alzheimer-Krankheit auf meinen WWW-Seiten
zusammenzutragen (heute ist dies meine Domain www.werner-saumweber.de).
Damals war das meiste noch aus amerikanischen Quellen. Außer den Seiten von Dr. Prior von der Düsseldorf Alzheimer
Research Group http://pluto.neurologie.uni-duesseldorf.de/~prior/
gab es damals keine weiteren Seiten im deutschsprachigen Netz und ich übersetzte aus dem Amerikanischen, stellte Links
auf amerikanische Seiten zusammen und schrieb meine Erfahrungen und die Informationen aus der Alz-List USA nieder. Am
10.9 97 begann ich, die tagebuchähnlichen Aufzeichnungen über meine Ende Juli 1999 verstorbene Mutter, die in fünf
Dokumente geteilt sind, da sie ansonsten zu umfangreich gewesen sind.
Ich merkte bald, daß dies für eine Einzelperson eine nicht zu lösende Aufgabe darstellte und begann, meine Fühler
nach Gleichgesinnten auszustrecken. In den drei Monaten hatten mich so einige andere Betroffene und in Pflegeberufen
Tätige angeschrieben und es hatten sich einige Kontakte aufgebaut, die zum Teil auch heute noch bestehen. Ich schrieb
alle an und fragte, ob sie bei einem Projekt alznet.de mitmachen wollten. Die Antworten waren durch die Bank positiv,
ohne aber praktische Mitarbeit zu beinhalten.
Meine Anfrage bei der Alzheimer-Gesellschaft München wurde mit "kein Interesse" beantwortet. "Das
soll Berlin machen", wobei die Deutsche Alzheimer-Gesellschaft, Berlin, gemeint war. Also wandte ich mich an diese
und bot meine kostenlose Mitarbeit an, um auch den deutschsprachigen, im WWW nach Information und Hilfe Suchenden, etwas
bieten zu können. Wer einmal gesehen hat, welch umfangreiche Seiten z.B. die Alzheimer's
Association, Northern Virginia Chapter, anbietet, wird nicht verstehen können, daß es bei uns nichts
gleichwertiges gab. Berlin bedankte sich und teilte mir mit, daß man daran dachte und sie würden wieder auf mich
zukommen, wenn es soweit sein würde.
Dann erreichte mich im März eine eMail von Jochen Wagner, der meine Seiten über meine Mutter gefunden hatte. Und
nach der Zweiten war uns beiden klar, daß wir gemeinsam etwas aufbauen wollten. Seine und meine Vision ließen sich in
weiten Teilen zusammenführen und wir definierten unsere ersten Ziele. Davon mehr im weiteren Text. Zuerst würden wir
das Forum mit Texten füllen, die von seiner Seite kommen würden und ich würde sie mit HTML aufbereiten. Die
Fachtexte würden von Rosemarie Drenhaus-Wagner sein und das Drumherum aus Jochens und
meiner Feder.
Dann als Träger der Domain Alzheimerforum der Verein mit über 150 Mitgliedern, eigenen Beratungsstellen, Kontakten
zum Berliner Senat, zu Alzheimer-Gesellschaften und Selbsthilfegruppen, zur pharmazeutischen Industrie und Fachverlagen
und all der praktischen Erfahrung, über die ich niemals verfügen würde. Dies war die Basis, auf der wir etwas
aufbauen konnten, um unsere Visionen Stück für Stück Realität werden zu lassen.
Bei meinen Spaziergängen im Web hatte ich den Server selbsthilfe.org gefunden. Dieser bot und bietet
Selbsthilfegruppen Webspace zum Selbstkostenpreis und beheimatet heute mehr als ein Dutzend von ihnen. Dort ließen wir
unsere Domain www.alzheimerforum.de registrieren und dort ist sie auch heute noch. Andreas, der Inhaber, ist Idealist
und Menschenfreund. Entweder sein Service kostet nichts oder den Selbstkostenpreis. Wir hoffen, daß dies noch lange so
möglich sein wird.
Das Forum beginnt zu leben
Es folgten Monate intensivster Arbeit für das Alzheimerforum; praktisch jede freie Minute waren Jochen und ich
beschäftigt. Die Textverarbeitungsprogramme hatten noch keinen HTML-Generator, wie es seit 1999 durchwegs der Fall ist.
Und so schrieb ich Programme, um die teils sehr umfangreichen Texte mit dem Minimum an HTML zu versehen und am 10. April
1998 wurde unsere Homepage geboren. Jochen bereitete vor, scannte Texte ein, bearbeitete sie; später dann mit Word und
HTML. Was immer noch genügend Arbeit macht, da dieser HTML-Code weit vom angestrebtem Optimum entfernt ist. Das Forum
begann sich zu füllen und immer mehr Punkte unserer Übersicht
führten zu ausführlichen Informationen, waren nicht mehr leer.
Unsere Mailinglisten
Nun war es an der Zeit den nächsten Schritt zu tun. Eine Mailingliste stand von Anfang an auf meinem Plan. Das
Vorbild war natürlich die Alz-List USA, die vom Server der Washington University St. Louis bedient wird. Durch sie
hatte ich soviel gelernt, verstanden, was diese Krankheit für Mama bedeutete und gelernt, mit den Auswirkungen besser
umzugehen. So einige der Teilnehmer sprechen von einem Lebensretter. Und dieser Aussage schließe ich mich voll an. Aber
mir war auch klar, daß deren System, jedermann den Zugang zur Liste zu erlauben ohne anzufragen, warum und desweiteren
sämtliche Mails in ein öffentliches Archiv zu stellen, für uns nicht in Frage kam. So entschieden wir,
eine geschlossene Liste für Betroffene und Profis einzurichten.
Eine offene Liste für Diskussion und Information wollten wir auch.
Und last but not least hatten wir die Idee, den lokalen Alzheimer-Gesellschaften und Selbsthilfegruppen ein sehr
effektives, weil schnelles Kommunikationsmedium zur Verfügung zu stellen.
Unser Gastgeber bot und auch diesen Service an. Wir baten ihn, uns die drei Listen einzurichten und bald war es dann
soweit: Am 5.8.1998 wurden alzfor-l, alzdg-l und alzges-l operativ. Aus
verschiedenen Gründen hat von den Dreien nur die alzfor-l überlebt.
Wir hatten fleißig die Adressen aller Leute gesammelt, die sich bereits an uns gewandt hatten (an das Forum und an
mich) und wir schrieben alle an. Je nach Grund der Kontaktaufnahme für eine der Listen. Die älteste Mail in meinem
Archiv der alzfor-l datiert auf den 16.8.1998 und es wird wohl die erste gewesen sein.
In den ersten Monaten waren es noch nicht viele Mails, aber es waren auch noch wenig Teilnehmer. Aber Woche für
Woche kam jemand hinzu, und Ende Mai '98, als ich diesen Text begann, waren es 50 pflegende Angehörige und 13 Profis
(Alzheimer-Gesellschaften und in der Pflege Tätige), die für einen regen Verkehr sorgten. Im Februar 2000 ist
definitiv die Mitgliederzahl von 100 überschritten und die Anzahl der Mails, ist ganz schön gewachsen. Waren es in den
Startmonaten 1998 noch 181 Mails, kamen in 1999 circa 1.900 zusamen und bis 12.2.2000 sind es bereits mehr als 200.
Der Chatraum
Gleichzeitig mit den Mailinglisten hatte uns unser Gastgeber auch einen Chatroom eingerichtet. Auch hier stammt die
Anregung von der Alz-List USA. Deren Mitglieder treffen sich in diversen Chatrooms, leider wenn ich tief und fest
schlafe. Daher habe ich noch nie an einem ihrer Chats teilgenommen. Es ist dies eine eigene Art der Kommunikation -
teils schwierig mitzukommen und verwirrend. Es ist schon schwer zu folgen, wenn eine Eingabe mehrere Zeilen umfaßt, die
jeweils einzeln abgesendet werden und dann oft mit anderen vermischt im Fenster erscheinen. Seit dem Sommer 2000 wird
der Chat von Mitgliedern der alzfor-l origanisiert.
Unsere Visionen
"Wir hoffen, dass es uns gelingen wird, eine so starke Gemeinschaft aufzubauen, dass unser Wort, zusammen mit
dem der Alzheimer-Gesellschaften und anderer Gruppen, in der Öffentlichkeit nicht zu überhören sein wird. Wir hoffen,
dass die lokalen deutschen Organisationen durch das Internet näher zusammenrücken und -arbeiten werden, was leider
bisher in der realen Gesellschaft nur selten geschieht. Aber es war noch nie so einfach wie heute. Eine eMail an den
Verteiler und jeder, der sich in seiner Mailbox anmeldet, bekommt sie sofort zugestellt."
Die Alz-List USA gibt es nun in unveränderter Form seit vielen Jahren. Der Grund dafür ist, daß deren Gastgeber
nur und ausschließlich das Verteilen der Mails durchführt. Das Statut der Liste erlaubt keine Änderung, auch weil der
Staat, so habe ich es verstanden, Gelder dafür zur Verfügung gestellt hat.
Dies genügt uns nicht! Die Mailinglisten sind ein Steinchen im Mosaik, allerdings ein sehr wichtiges. Aber wir
dürfen nicht auf dem Iststand beharren, müssen unsere Ziele weiterverfolgen. Als da sind:
eMail per Fax an Alzheimer-Gesellschaften, die keinen Internetanschluß haben
Alzheimer-Gesellschaften, die ins Netz wollen, notfalls als Sponsor beistehen (Modem, ISDN-Karte, Telefongebühren)
Sponsoren für die Alzheimer-Gesellschaften finden, die einen PC etc. anschaffen wollen (gebrauchte, ausgemusterte
PCs genügen für den Anfang, um am eMail-Verkehr teilzunehmen)
Sponsoren für das Alzheimerforum finden. Dies wird sehr schwierig. Wegen der prekären Situation des
Krankenkassenbudgets werden die Medikamente Exelon und Aricept kaum verschrieben. Die Privatversicherung gibt es noch
nicht so lange, daß bei ihr viele Demenzkranke versichert wären. Der Löwenanteil der Demenzkranken ist in der
gesetzlichen Krankenversicherung. Ergo wird eine Bannerwerbung auf unseren Seiten den Firmen keine Mark bringen. Wenn
jemand Geld für das Alzheimerforum zur Verfügung stellt, darf er also keine Rückflüße erwarten. Viele Firmen
spenden an Bedürftige, einfach aus humanitären Gründen. Ehrlicherweise muß ich sagen, daß dann viele Menschen,
Gruppen und Vereinigungen sehr viel mehr bedürftig sind, als das Alzheimerforum.
Die Pharmafirma Eisai (Aricept) möchte ich besonders erwähnen. Sie sponsort Veranstaltungen der AAI, ermöglicht
pflegenden Angehörigen PC und Internetanschluß, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Die AAI wird durch unsere Internet-Aktiväten weiter wachsen über das ganze Bundesgebiet, vielleicht auch die
anderen deutschsprachigen Gebiete. Die Grenze ist ja bereits überschritten mit mir in München, Sozialberatung in
Winsen, Betreuungsrechts-Spezialist in Bochum, Betreuter Urlaub in Zusammenarbeit mit Muenster - Listenmitglieder in
ganz Deutschland, in Dänemark, Österreich, Schweiz, den USA und Chile. Durch das Internet ist der Wohnort unwichtig
geworden.
Ein Ziel muß jetzt sein, daß die Mitglieder der Liste, die sich jetzt mit der alzfor-l identifizieren, diese
Identifikation auch auf den Veranstalter, die Alzheimer Angehörigen Initiative e.V. Berlin
ausdehnen. Wir können nur dann weiterwachsen, wenn uns der Rücken freigehalten wird. Und dafür brauchen wir den
Rückhalt einer Gemeinschaft wie die AAI es ist.
Begonnen am 28. Mai 1999, ergänzt am 12. Februar 2000 und 2. Dezember 2000.