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für Betreuer Demenz-Kranker

© Dr. Dr. Herbert Mück, Köln

Für Sicherheit sorgen

* * Durch Wohlbefinden Sicherheit erhöhen
* * Risiken abwägen
* * Mit schriftlichen Kenndaten ausstatten
* * Durch helle Kleidung schützen
* * Elektrische Sicherheitsvorkehrungen nutzen
* * Stand- und Bewegungssicherheit gewährleisten
* * Problematische Dinge wegräumen
* * Verbrennungen verhindern
* * Rauchen unter Aufsicht
* * Sicherheit im Badezimmer
* * Gefährliche Gegenstände verschließen
* * Kinderschutz-Erfahrungen nutzen
* * Gegenstände fixieren
* * Sturzfolgen vorbeugen
* * Glastüren und Fenster sichern
* * "Sportbrillen" verwenden
* * Ersatzschlüssel außerhalb der Wohnung deponieren
* * Weglaufen verhindern, Wiederauffinden erleichtern
* * Weglaufen verhindern
* * Leitfaden für Notfälle erstellen
* * Nur ungiftige Pflanzen aufstellen
* * Den Kranken sozial schützen

 
Durch Wohlbefinden Sicherheit erhöhen Bei Spannungen, Unruhe und Unsicherheit kommt es eher zu Unfällen. Daher dient alles, was sich positiv auf das Wohlbefinden und die Ausgeglichenheit des Kranken auswirkt, auch der Vermeidung von Gefährdungen.
   
Risiken abwägen Finden Sie für sich einen vernünftigen Kompromiß, der folgendem Konflikt Rechnung trägt: einerseits der beruhigenden Gewißheit, dem Kranken ein Maximum an Sicherheit zu bieten, und andererseits der Freude, dem Kranken Freiheiten zu gewähren. Orientieren Sie sich an der Tatsache, daß Leben immer mit Risiko verbunden ist. Dieses wächst, wenn man einem dementen alten Menschen noch eigene Erlebens- und Aktivitätsräume erhalten will (etwa selbstständige Spaziergänge außerhalb des Hauses).
   
Mit schriftlichen Kenndaten ausstatten Lassen Sie den Kranken einen Zettel mit wichtigen Informationen bei sich tragen (Wohnanschrift, Adresse wichtiger Angehöriger, Telefonnummern von Freunden, die sich um den Patienten kümmern).
   
Durch helle Kleidung schützen Wenn sich ein Demenz-Kranker außerhalb seines Wohnbereichs bewegt, sollte er (vor allem nachts) helle Kleidung tragen. Dies verringert die Unfallgefahr im Straßenverkehr und erleichtert das Auffinden des Patienten.
   
Elektrische Sicherheitsvorkehrungen nutzen Gefahrenquellen für Demenz-Kranke lassen sich beispielsweise durch folgende Maßnahmen entschärfen: 1. Einbau von Kindersicherungen in Steckdosen oder in Schubladen, die gefährliche Gegenstände enthalten, 2. Ausstattung elektrischer Geräte (Küchenherd, Backofen) mit zusätzlichen versteckten "Aus"-Schaltern (im Sinne einer "Hauptsicherung"), 3. Einschalten von Licht mit Hilfe von Bewegungsmeldern
   
Stand- und Bewegungssicherheit gewährleisten Entfernen Sie rutschende Teppiche und befestigen Sie aufgeworfene Teppichränder. Bringen Sie Teppichbefestigungen auf Treppenstufen korrekt an. Versehen Sie glatte Böden mit rutschfesten Belägen (um gefahrloses Umherwandern zu ermöglichen). Installieren Sie (wie für Kleinkinder) am oberen Ende von Treppen Geländer oder Gittertüren, um das Sturzrisiko zu verringern. Auch Fenster und niedrige Treppengeländer sollten speziell gesichert werden. Verse hen Sie Glastüren mit auffälligen Markierungen.
   
Problematische Dinge wegräumen Entfernen Sie Gegenstände mit spitzen Kanten (insbesondere Messer, Scheren, Nadeln) wie auch andere potentiell gefährliche Dinge (Bügeleisen, Brotschneidemaschine, Fön, Nähmaschine, Rasenmäher, Feuerzeuge, Streichhölzer) aus dem Aktionsradius des Kranken. Verwahren Sie zerbrechliche Gegenstände (z.B. Blumenvasen) an einem geschützten Ort. Verhindern Sie Vergiftungen und Selbstverletzungen, indem Sie Medikamente, Haushaltschemikalien, Giftpfl anzen, Knöpfe usw. unzugänglich aufbewahren.
   
Verbrennungen verhindern Beugen Sie Verbrennungen vor, indem Sie Heißwassergeräte deutlich markieren und die Temperatur des Heißwasserboilers so gering wie möglich halten. Versperren Sie im Keller die Zugänge von Heizung und Boiler. Kontrollieren Sie die Temperatur des Badeswassers sowie der Mahlzeiten
   
Rauchen unter Aufsicht Lassen Sie Demenzkranke nur unter Aufsicht rauchen oder versuchen Sie, die Patienten zum Aufgeben des Rauchens zu bewegen.
   
Sicherheit im Badezimmer Statten Sie das Badezimmer des Kranken mit Haltegriffen aus (Toilette, Badewanne). Erhöhen Sie den Toilettensitz. Versehen Sie Badewanne und Badezimmerboden mit rutschfesten Matten. Regale, Handtuchhalter und Seifenschalen müssen in der Wand verankert sein und dürfen sich nicht lockern, falls der Patient einmal die Balance verlieren und danach greifen sollte.
   
Gefährliche Gegenstände verschließen Klebespray, Parfum, Blumendünger oder Reinigungsmittel (z.B. Möbelpolitur) sollten schwer dementen Kranken nicht frei zugänglich sein. Verwahren Sie diese in abschließbaren Schränken. Durch die ausgeprägte Störung des Geruchs- und Geschmackssinnes von Demenz-Kranken kommt es immer wieder vor, daß die Betreffenden gesundheitsschädliche Stoffe essen oder trinken. Auch Zigaretten und Zigarren können zu den gefährlichen Gegenstä nden gehören, wenn der Demenz-Kranke z.B. das brennende Ende in den Mundnimmt oder er rauchend im Bett einschläft. Gut sichtbar aufgestellte Aschenbecher in jedem Raum der Wohnung erinnern ihn daran, die Zigarette in einem Aschenbecher zu entsorgen.
   
Kinderschutz-Erfahrungen nutzen Viele gefährliche Gegenstände haben "Kindersicherungen" (z.B. Behältnisse mit Reinigungsmitteln, Steckdosen). Scheuen Sie sich nicht, diese Sicherheitsvorkehrungen auch für Demenz-Kranke zu nutzen. Ähnliches gilt für Telefone, die einen sog. Babyruf vorsehen. Bei diesen Geräten kann der Anrufer entweder eine bestimmte oder eine beliebige Taste drücken, um eine dafür vorgesehene "Notfallnummer" anzuwählen.
   
Gegenstände fixieren Gehunsichere Senioren neigen dazu, sich an Möbeln abzustützen. Vermeiden Sie daraus resultierende Verletzungen, indem Sie zum Beispiel Stehregale andübeln, Tischdecken festklemmen, Fußmatten, Läufer und Teppiche mit Unterlegmatten oder Klebestreifen versehen sowie Stehlampen durch Decken- oder Wandlampen ersetzen (Stehlampen notfalls mit einem schweren Fuß versehen). Ein feuchtes Tuch unter einem Teller oder Schneidebrett verhindert, daß es beim Es sen wegrutscht.
   
Sturzfolgen vorbeugen Demenz-Kranke sind vermehrt bedroht, zu stürzen und sich dabei schwer zu verletzen. Vor allem Brüche des Hüftgelenks können gravierende Folgen haben. Zur Vorbeugung hat es sich bewährt, die Hüftgelenke der Kranken durch kleine Polster zu schützen und äußere Gefahrenquellen ("Stolperfallen", "Rutschbahnen") zu entschärfen. So können beispielsweise spezielle Pflegemittel die Gleitfähigkeit des Bodens vermindern. Für Duschk abinen und Badewannen gibt es rutschfeste Matten. Auch zu lange Kleider und Hosen können zu Stolperfallen werden.
   
Glastüren und Fenster sichern Versehen Sie Glastüren (eventuell auch Fenster) mit Aufklebern oder einer Splitterschutzfolie. Sicherheitsglas hat den Vorteil, daß es nicht in kleine Teile zerspringt. Drahtglas ist kein Sicherheitsglas! Verhindern Sie, daß geöffnete Fenster in den Wohnraum ragen. Versehen Sie Fenster in oberen Etagen möglichst mit abschließbaren Griffen.
   
"Sportbrillen" verwenden Wenn der Demenz-Kranke durch seine Brille gefährdet erscheint, können Sie die Risiken entschärfen, indem Sie ihm zu einer "Sportbrille" verhelfen. Ein gutes Modell zeichnet sich besonders durch folgende Eigenschaften aus: unzerbrechliche, ausreichend große Gläser, möglichst geringe Einengung des Gesichtsfeldes, elastisches, unzerbrechliches Gestell, weiche, anpaßbare Auflage oder Hängesteg, keine hervorstehenden Teile am Bügelscharnier (ev entuell zusätzliche Abpolsterung), fester Sitz durch federelastische Bügel oder festsitzendes Band, geringes Gewicht.
   
Ersatzschlüssel außerhalb der Wohnung deponieren Manche Demenz-Kranke schließen sich versehentlich ein und sind dann nicht mehr in der Lage, sich selbst zu befreien. Mit Hilfe eines beim Nachbarn hinterlegten Ersatzschlüssels ist rasche Hilfe möglich. Und noch zwei weitere Tips zum Thema Schlüssel: 1. Es gibt Schlüsselanhänger, die auf Geräusche wie Pfeifen reagieren und so das Auffinden eines verlegten Schlüssels erleichtern. 2. Verstecken Sie wichtige Schlüssel (Auto, Zimmertüren) an unzugänglichen Orten.
   
Weglaufen verhindern, Wiederauffinden erleichtern Sie erschweren es dem Kranken wegzulaufen, wenn Sie die Haustür durch einen Vorhang oder einen Wandschirm verdecken. Weitere Sicherheitsstufen sind das Abschließen der Haustür, der Einbau eines komplizierten Zusatzschlosses oder eines Warn- bzw. Alarmsystems. Wenn Sie die Straßenschuhe verstecken, erleichtern Sie das Wiederauffinden des Kranken, der in Hausschuhe ja sehr viel mehr auffällt. Lassen Sie den Kranken ein Schildchen oder Armband tragen, das Name, Adresse und Telefonnummer mitteilt. Gewährleisten Sie, daß genügend aktuelle Fotos des Demenz-Kranken verfügbar sind, um diese für Suchaktionen zur Verfügung stellen zu können.
   
Weglaufen verhindern Wirken Sie einem Weglaufen des Kranken möglichst mit "sanften" Methoden entgegen. Offensichtliches Einsperren wird oft als Bestrafung oder Bedrohung erlebt. Es kann Wut oder Panik auslösen. Verbergen Sie lieber die Haustür hinter einem Vorhang oder einem Wandschirm. Bringen Sie an der Tür ein Klangspiel an, das Ihnen anzeigt, wann der Kranke die Tür öffnet. Verstecken Sie Gegenstände, die der Patient üblicherweise benutzt, wenn er das Haus verl&a uml;ßt (Hut, Spazierstock oder die vertrauten Schuhe). Bauen Sie notfalls ein zusätzliches, schwer zu öffnenden Schloß ein. Wenn Ihnen dies möglich ist, können Sie den Kranken auch auf seiner "Wanderschaft" begleiten.
   
Leitfaden für Notfälle erstellen Sorgen Sie für den Fall vor, daß Sie selbst einmal als Betreuer ausfallen und andere vorübergehend einspringen müssen. Diesen ist geholfen, wenn Sie einen Leitfaden zum Umgang mit dem Kranken erstellen, der insbesondere über folgende Gesichtspunkte informiert: Telefonnummern und Adressen: wichtige Familienangehörige, sonstige Betreuer, Freunde, Nachbarn, Hausarzt, Facharzt, Notarzt, Krankenhaus; Tagesablauf Welches sind die üblichen Zei ten für Aufstehen, Frühstück, Waschen/Baden, Toilette (wie oft?); Inkontinenz: Ausmaß und Gegenmaßnahmen; Ernährung: Besonderheiten (Vorlieben, Abneigungen, Diät), übliche Trinkmenge, Allergien; Medikamente: Art, Dosis und Zeitpunkt der Gabe (Mit oder ohne Flüssigkeit? Zum Essen? usw.) Fähigkeiten: Was geht alleine, wobei ist welche Hilfe erforderlich (An- und Ausziehen, Waschen, Toilette, Essen und Trinken); Vorlieben: L ieblingsbeschäftigung (Hobbies), Lieblingsmusik, Gesprächsthemen usw. Schlafgewohnheiten: übliche Zeit des Zubettgehens. Tagsüber Nickerchen? Nächtliches Umherlaufen? (welche Maßnahmen haben sich dabei bewährt?); Besondere Angewohnheiten: Art und Maßnahmen
Nur ungiftige Pflanzen aufstellen Ähnlich wie kleine Kinder neigen Demenz-Kranke dazu, alles mögliche in den Mund zu stecken. Wer ihre Zimmer mit Pflanzen gestaltet, muß deshalb darauf achten, nur ungiftige Exemplare auszuwählen. Die Pflanzen sollten mit ihrem Duft anregend wirken und beim Berühren angenehme Empfindungen auslösen.
   
Den Kranken sozial schützen In erschreckendem Umfang sind Demenz-Kranke Gewaltakten ihrer Umwelt ausgesetzt. Nicht jede Form von "Gewalt" ist als solche unmittelbar zu erkennen. Zu den eher "stillen Formen" gehört die sog. strukturelle Gewalt, wie sie sich in vielen Heimordnungen verbirgt ("Ab 20 Uhr ist strenge Bettruhe"). Auch vor folgenden Phämonen müssen Demenz-Kranke immer wieder geschützt werden: Betrug, Entmächtigung, Infantilisierung, Einschüchterung, Etikettierung, Isolierun g, zum Objekt machen, Ignorieren, Zwang, Entzug, Anklagen, massiv unterbrechen, lächerlich machen und verächtlich abwerten.
   


Zusammengestellt von Dr. Dr. med. Herbert Mück und Horst Endreß (2. und wesentlich erweiterte Auflage, 8/1999)

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