[Homepage => Übersicht => für medizinische Fachkreise => Epidemiologie, Risiko- & Schutzfaktoren]

Logo: AlzheimerForum
Dr. Dr. Herbet Mück

Stressanfälligkeit fördert Alzheimer-Demenz

© Dr. Dr. Herbert Mück, Köln

USA. Chronischer Stress geht bekanntlich bei Tier und Mensch mit einer Schädigung des Hippocampus sowie Lern- und Gedächtnisproblemen einher. Die Vermutung liegt daher nahe, dass chronischer Stress auch die Entstehung einer Alzheimer-Demenz begünstigen kann. Eine prospektive Studie von R. S. Wilson und Kollegen erhärtet nun diesen Verdacht. Die Autoren hatten die Gelegenheit, ältere Ordensmitglieder wiederholt gesundheitlich zu untersuchen. Zur Basiserhebung gehörte ein Fragebogen, der die Stressanfälligkeit jedes Teilnehmers bewertete (Maximalwert: 48 Punkte).

Während des fast fünfjährigen Beobachtungszeitraums erkrankten 140 der rund 800 Teilnehmer an einer Alzheimer-Demenz. Bei 90 Prozent der Verstorbenen war eine Hirnautopsie möglich. Für Personen, die zu Beginn der Untersuchung eine hohe Stressanfälligkeit aufwiesen (90. Perzentile), war im Vergleich zu Personen mit niedriger Stressanfälligkeit (10. Perzentile) die Wahrscheinlichkeit doppelt so groß, an einer Alzheimer-Demenz zu erkranken. Stressanfälligkeit beeinträchtigte speziell das episodische Gedächtnis, das sich im Extremfall um den Faktor 10 verschlechterte. Andere kognitive Leistungen waren vergleichsweise stressresistent. Interessanterweise standen Stressanfälligkeit und die in den Autopsien gefundenen pathologischen Hirnveränderungen in keiner erkennbaren Beziehung.

Nach Ansicht der Autoren verdient der Zusammenhang zwischen Stressanfälligkeit und Alzheimer-Risiko besondere Aufmerksamkeit. Er passt zu den eingangs erwähnten Befunden, denen zufolge der an Gedächtnisprozessen wesentlich beteiligte Hippocampus durch Stress Schaden erleidet. Außerdem eröffnet er gegebenenfalls Möglichkeiten, einer Alzheimer-Demenz vorzubeugen (etwa durch Stressverringerung oder Anwendung geeigneter Pharmaka, z.B. Antidepressiva). Vorerst bleibt unklar, inwieweit sich der hier beschriebene Zusammenhang nicht auch als Folge depressiver Symptome erklären lässt, die ja ebenfalls eine Form von Stress darstellen.

R. S. Wilson u. a.: Proneness to psychological distress is associated with risk of Alzheimer´s disease. Neurology 2003 (61) 1479-1485

Zurück zum Anfang des Dokuments