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Erhöhte Stressanfälligkeit

stellt einen Risikofaktor

für die Alzheimer-Krankheit dar

Es ist seit langem bekannt, dass Stress im Tierversuch, aber auch beim Menschen zu pathologischen Veränderungen im Hippocampus führt. Der Hippocampus ist eine Struktur im Gehirn, die für das Lernen neuer Gedächtnisinhalte von großer Bedeutung ist. Die Häufigkeit und die Intensität von Stresserleben hängen mit der Persönlichkeit zusammen: Manche Menschen reagieren auf ein Problem eher als andere mit Nervosität, Anspannung und Ängstlichkeit. Andere hingegen reagieren gelassener und besonnener, sind zuversichtlicher, das Problem lösen zu können. Die Art, wie jemand auf Stress reagiert, kann als Persönlichkeitsmerkmal verstanden werden, und bleibt im Erwachsenenalter meistens stabil. Der Frage, ob eine erhöhte Stressanfälligkeit einen Zusammenhang zur Alzheimer-Krankheit besitzt, wurde in einer amerikanischen Studie von Wilson et al. näher nachgegangen.

939 Nonnen, Mönche und Priester im höheren Lebensalter wurden in einer Erstuntersuchung zunächst neurologisch und neuropsychologisch untersucht. In einem Persönlichkeitsfragebogen wurde die Stressanfälligkeit erfasst. Im Verlauf der nächsten Jahre wurde die Korrelation zwischen dem Fragebogenwert und der Auftretenshäufigkeit der Alzheimer-Erkrankung gemessen: Sie stellte sich als statistisch signifikant heraus.

Mittels neuropathologischer Methoden (Feststellung von Neurofibrillen u. Plaques) konnte post mortem ausgeschlossen werden, dass die erhöhte Stressanfälligkeit nur ein Frühzeichen der Alzheimer-Erkrankung darstellte: Die erhöhte Stressanfälligkeit korrelierte nicht mit der Ausprägung der Alzheimer-typischen Veränderungen im Gehirn, sondern vor allem mit der klinischen Symptomatik (v.a. Nachlassen der Merkfähigkeit).

Die Autoren mutmaßen, dass eine erhöhte Stressanfälligkeit zu einer erhöhten Produktion an Stresshormonen (Noradrenalin, Cortisol) führt, welche die Hippocampusformation schädigt. Der Hippocampus ist aber auch die Hirnregion, in welcher sich die ersten morphologischen Veränderungen aufgrund von Morbus Alzheimer nachweisen lassen. Es ist denkbar, dass eine stressbedingte Vorschädigung die Auswirkung der Alzheimerdeformationen auf die klinische Symptomatik verstärkt, der genaue Mechanismus ist jedoch nicht bekannt.

Wilson, R.S., Evans, D.A., Bienias, J.L., Mendes de Leon, C.F., Schneider, J.A. & Bennett, D.A.: Proneness to psychological distress is associated with risk of Alzheimer´s diesease. Neurology.2003 Dec. 9; 61 (11): 1479-1485


© Dipl.Psych. Andrea Mihail
Forschungsgruppe Geriatrie am Evangelischen Geriatriezentrum Berlin
Charité, Universitätsmedizin Berlin
Reinickendorfer Str. 61
13347 Berlin

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