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Anregen und Aktivieren
von Sprache, Denken und Wahrnehmung
bei Demenzkranken

Dr. Sabine Ladner-Merz ist in eigener Praxis niedergelassene Fachärztin für Allgemeinmedizin und die Ärztliche Leiterin der Akademie für Gedächtnistraining nach Dr. med. Franziska Stengel. Die Akademie für Gedächtnistraining befindet sich in Stuttgart- Vaihingen.

„Hilf’ mir, es selbst zu tun“ – so das Credo für Demenzerkrankte von Sabine Ladner- Merz. Hirnleistungstraining/kognitives Training nach Dr. Franziska Stengel bei Demenz – eine Möglichkeit, Lebensqualität für Erkrankte und Angehörige zu stabilisieren und zu erhalten? Sabine Ladner-Merz stellte am Mittwoch, dem 10. November 2004, bei der Kooperationsveranstaltung der Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg e.V. und der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart e.V.

das kognitive Training/Hirnleistungstraining nach Dr. Franziska Stengel vor.

Dr. Franziska Stengel war eine Wiener Ärztin und erkannte bereits in der 50er Jahren die Bedeutung von regelmäßigem geistigen Training. Ihr Buch „Gedächtnis spielend trainieren“ wurde in den 70er Jahren veröffentlicht.

Sie hatte über Jahre hinweg die Leitung eines städtischen Altenheims in Wien. Sie verfasste bis ins hohe Alter wissenschaftliche Aufsätze, gestaltete Vorträge und arbeitete noch weiter an den Übungen für das Gedächtnistraining. Sie starb 1997 mit über 90 Jahren.

Hirnleistungstraining bedeutet hier das Training aller Fähigkeiten, die das Wahrnehmen, die Aufmerksamkeit, das Denken und damit eng verbundene Fähigkeiten wie Merkfähigkeit, Gedächtnis, Informationsverarbeitung, Problemlösen, Kommunikation und Handeln betreffen.

Beim gesunden Menschen passt sich das Gehirn beständig und lebenslang den Erfordernissen seines Gebrauchs an. Man spricht hier von Neuroplastizität. Bei Nicht- Dementen bleibt die Fähigkeit zur Neubildung von Synapsen (Verbindungsstellen zwischen zwei Nervenzellen, Ort der Informationsübertragung von einer Nervenzelle auf die andere) bis ins Alter erhalten. Diese Fähigkeit zur synaptischen Plastizität ist jedoch bei Alzheimer-Patienten signifikant vermindert (Übersichtsarbeit Bauer, 1994).

Sabine Ladner-Merz berichtete von verschiedenen Studien, bei denen positive Effekte des Hirnleistungstrainings bei Demenzerkrankten festgestellt wurden. Die bereits verloren gegangenen Fähigkeiten können aber nicht zurückgebracht werden, es geht einzig und allein darum, den Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit unter Umständen hinauszuzögern. Damit würde ein Stück Lebensqualität für den Erkrankten und seine Angehörigen gesichert.

7 Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für das Hirnleistungstraining solange, wie ein weiterer Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit hinausgezögert werden kann. Sinnvoll ist es, das Training bei einem Fachtherapeuten für kognitives Training zu absolvieren.

Folgende Merkmale des Hirnleistungstrainings sollten gesichert sein:

  1. Training mit sinnhaften, bedeutungshaltigen Materialien mit Bezug zum täglichen Leben
  2. Trainingsmöglichkeit verschiedener Hirnfunktionen
  3. Gesprächsbetontes Training (nie Abfragerei, nie „Dressur“)
  4. Freiwilligkeit des Erkrankten
  5. Kein Stress
  6. Kein Leistungsdruck
  7. Erfolgserlebnisse
  8. Selbstwertgefühl erhalten
  9. subjektive Kompetenz verbessern
  10. Wohlbefinden erzeugen

Sabine Ladner-Merz betonte noch einmal die Wichtigkeit von Angehörigenberatung beim Hirnleistungstraining. Diese sollte beinhalten:

  • Die denkhemmenden Verhaltensweisen des Erkrankten identifizieren, bewusst machen und wenn möglich, ablegen oder vermindern

  • Für Erkrankte denk-bestärkendes Verhalten einüben

    • Zeit zum Denken geben

    • Anlaufhilfe geben (z.B. den ersten Teil des Satzes sagen)

  • Geistig-aktivierende Gesprächsführung erlernen und mit Erkranktem praktizieren
  • Zurückfragen

  • Langsam mit Erkranktem sprechen

  • Haushaltstraining mit Erkranktem
    • Erkrankte am Haushalt beteiligen

    • konstante Umgebung erhalten

Bewegungstraining initiieren - nicht sprechen beim Gehen, wenn ansonsten Sturzgefahr vorliegt - spazieren gehen mit Erkrankten Offen blieb die Frage, ob das Hirnleistungstraining für Demenzerkrankte nach Dr. Franziska Stengel dieselben Grundlagen beinhaltet wie das Hirnleistungstraining für Schlaganfallpatienten, Patienten mit Hirnverletzungen oder Entwicklungsstörungen, die jedoch ein völlig anderes Krankheitsbild aufweisen.

Des weiteren könnte es dennoch auch Schwierigkeiten geben für Angehörige, ihre Erkrankten davon zu „überzeugen“, zum Hirnleistungstraining zu gehen. Es ist manchmal schon schwer genug, nach vielen Arztbesuchen eine genaue Diagnose zu erhalten.

Die Frage ist auch, wie lange der Effekt von Hirnleistungstraining anhält, bevor sich dann eine Verschlechterung bemerkbar macht. Hier zahlt dann die Krankenkasse nicht mehr. Es kann hier sicher keine pauschalen Werte geben, aber durchaus einen Korridor „von .... bis ...“, und ganz sicher einen Trend. Es sollten hier keine falschen Hoffnungen geweckt werden.

Wer hat Erfahrungen mit Hirnleistungstraining mit Demenzerkrankten nach Dr. Franziska Stengel und kann uns berichten? Erfahrungsberichte sind willkommen, denn sie helfen allen!


© Christine Funke, externer Link Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg e.V.
Erstveröffentlichung in der externer Linkpdf-Datei"alzheimer aktuell" Dezember 2004 (Seite 7/8)

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