[AlzheimerForum => Übersicht => Beratungskonzepte]

Logo: AlzheimerForum
Logo zns

Warum nicht: Telefonberatung für Demenz-Betreuer

© Dr. Dr. Herbert Mück, Köln

USA. Amerikanische Wissenschaftler plädieren dafür, Betreuer Demenz-Kranker mit Hilfe der modernen Telekommunikation zu unterstützen. Regelmäßige telefonische Kontakte sind nämlich eine sehr flexible, wirtschaftliche und offenbar in vieler Hinsicht hilfreiche Methode, um eine relativ isolierte Zielgruppe zu erreichen, die anderenfalls durch das soziale Netz zu stürzen droht.

Viele Betreuer Demenz-Kranker scheuen davor zurück, sich professionelle Hilfe zu gönnen, wenn sie mit ihrer Aufgabe praktisch und seelisch nicht mehr zurecht kommen. Oft begründen sie dies mit Hinweisen wie: "Ich habe dafür keine Zeit", "Ich kann den Demenz-Kranken nicht alleine lassen", "Ich will nicht auch noch anderen zur Last fallen", "Ich muß mein ganzes Geld sparen, um später die Betreuung in einem Pflegeheim finanzieren zu können".
Wie eine Studie von B. D. Strawn und Mitarbeitern veranschaulicht, entlastet bereits ein einziges wöchentliches Telefonat mit einem Telefonberater die Betreuer Demenz-Kranker spürbar. In dieser Untersuchung wurden 14 Betreuer während eines Zeitraums von zwölf Wochen wöchentlich einmal von
Psychologie-Studenten angerufen, die auf diese Aufgabe durch ein achtstündiges Training vorbereitet worden waren. Bei den Telefonaten waren die Studenten gehalten, nicht zu therapieren, sondern die Befindlichkeit des Betreuers in Erfahrung zu bringen, diesen Empathie spüren zu lassen und bei Bedarf den Betreuer auf Anlaufstellen aufmerksam zu machen, die praktisch helfen können. Unter der "Telecare" verbesserte sich das Befinden der Betreuer signifikant (gemessen an ihren Symptomen und dem Grad der von ihnen selbst wahrgenommenen Belastung).

Ein bereits detaillierteres Konzept zur "Telekommunikation mit Betreuern Demenz-Kranker" unterbreiten L. K. Wright und Kollegen. Ihr Ansatz sieht auch therapeutische Elemente vor und plädiert dafür, die Tele-Betreuung mit mindestens einem persönlichen Kontakt (möglichst in der Wohnung des Kranken)
zu eröffnen und zu beschließen. Das Konzept von Wright und Mitarbeitern geht davon aus, daß Menschen mit ihrer Umwelt vielfältig verwoben sind. Danach würde man die Entwicklung eines Menschen anregen, wenn man auf seine Umwelt einwirkt. Entwicklungsanreize entstehen vor allem dann, wenn die bisherigen
Vorstellungen eines Menschen über sein Leben und seine Beziehungen so stark irritiert werden, daß sie nicht mehr zueinander passen. Dies ist oft der Fall, wenn der Ehepartner an Demenz erkrankt. Ob und wie sich eine solche Situation auflöst, ist prinzipiell offen und hängt von den Fähigkeiten des Betroffenen ab, darauf günstig oder ungünstig zu reagieren. Hier kann nach Ansicht von Wright und Mitarbeitern regelmäßige "Telekommunikation" durch geeignete Interventionen hilfreich eingreifen. Die telefonische Begleitung
hat den Vorteil, relativ flexibel (der Betreute muß nicht alleine gelassen werden), sehr wirtschaftlich (keine Anreisen) und wenig stigmatisierend zu sein: Die Betreuer brauchen niemanden um "Vertretung" zu bitten, damit sie selbst "zur Therapie" gehen können.
Da "Telefonhilfe" sich schon bei anderen Erkrankungen bewährt hat (Risikoschwangerschaften, Krebs, Herzerkrankungen, Suizidgefahr) wäre es schon erstaunlich, wenn nicht auch Betreuer Demenz-Kranker aus ihr Nutzen ziehen sollten.

Anmerkung der Redaktion:
Die Übertragung solcher innovativer Modelle auf Deutschland dürfte vorerst an rechtlichen (Verbot der Fernbehandlung) und finanziellen Problemen (fehlende Abrechnungsgrundlagen) scheitern. In Europa
hat die "Telecare" für Demenz-Kranke und ihre Betreuer zumindest schon in Großbritannien Fuß gefaßt. Dort ist seit einigen Jahren der Service CANDID (Counselling and Diagnosis in Dementia) per Telefon oder E-Mail zu erreichen.

B. D. Strawn u.a.: Telecare: A social support intervention for family caregivers of dementia victims.
Clinical Gerontologist 1998 (18l3) 66-69; L. K. Wright u.a.: Telecommunications for caregivers of elders with dementia.
Adv Nurs. Sci. 1998 (20l3) 76-88; R. J. Harvey u.a.: CANDID - counselling and diagnosis in dementia: a national telemedicine service supporting the care of younger patients with dementia. Int. J. Geriat. Psychiatry 1998 (13) 381-388


Wir danken

für die Bereitstellung des Textes aus dem ZNS- bzw. DEMENZ-SPEKTRUM

 

Zurück zum Anfang des Dokuments