[AlzheimerForum => Übersicht => zurück ]

Logo: AlzheimerForum
Logo zns

Warum Demenz-Kranke sich brauchen

© Dr. Dr. Herbert Mück, Köln

USA. Menschen mit einer Demenz mögen sich vielleicht nicht mehr "entwickeln", aber dies rechtfertigt noch lange nicht, sie deswegen aus dem gesellschaftlichen Leben auszuschließen. Mit dieser Feststellung beginnt M. F. Kelley einen Beitrag, der für häufigere Kontakte und Begegnungen unter Demenz-Kranken plädiert.

Die Autorin geht von der Beobachtung aus, daß sich die Betroffenen oft sehr lebhaft und mit sichtlicher Freude unterhalten, ohne sich dabei unbedingt inhaltlich zu verstehen. Immerhin lachen sie oft gleichzeitig, wobei sich vermutlich jeder Gesprächspartner über etwas anderes amüsiert. Trotz der sehr verschiedenen Gesprächsinhalte scheint man sich zumindest gefühlsmäßig gut zu verstehen. Offenbar verläuft Kommunikation zwischen Demenz-Kranken überwiegend auf einer nicht-verbalen Ebene und dient die Kommunikation vor allem zwei Zielen: der reinen Freude an diesem Vorgang und dem Erlebnis, so mit anderen Menschen verbunden zu sein.

Einiges spricht dafür, daß Kommunikation zwischen sich ähnlichen Menschen leichter erfolgt, da sie als angenehm erlebt wird und die Beteiligten in ihren Eigenarten eher bestätigt. So erklärt sich vermutlich, warum Demente am Essenstisch mitunter ein lebhaftes Gespräch entwickeln, wenn sich die Betreuer zurückziehen, und warum es sich wieder verändert, wenn das Personal zurückkehrt. In solchen Situationen beenden vor allem weniger demente Personen das Gespräch mit schwerer Dementen.

Frau Keller weist darauf hin, daß Demenz-Kranke nonverbal oft genau so gut kommunizieren können wie kognitiv leistungsfähige Personen, ja daß sie für emotionale Untertöne besonders empfänglich sind und entsprechend reagieren. Leider werden viele Demenz-Kranke in ihren Bemühungen um Kommunikation oft regelrecht abgeschnitten, da es für die Betreuer einfacher ist, an ihrer Stelle zu reden und zu handeln, indem sie etwa begonnene Sätze des Kranken selbst zu Ende führen. Solche Eingriffe rauben dem dementen Menschen aber die Möglichkeit, Kommunikation und die durch sie entstehende zwischenmenschliche Verbundenheit zu erleben und zu genießen.

Nicht-demente Menschen sind nach Ansicht Kellers außerstande, so zu kommunizieren, wie es ein Demenz-Kranker tun würde. Deshalb spricht sie sich dafür aus, Gelegenheiten zum Kontakt zwischen Dementen regelrecht zu fördern und zu kultivieren. Man trägt dann nicht nur einem sozialen Grundbedürfnis der Patienten Rechnung, sondern erreicht gleichzeitig oft auch noch andere wichtige Ziele. So zeigt eine Untersuchung, daß Demenz-Kranke mehr Nahrung aufnehmen, ihre Tisch-Kultur besser erhalten und zufriedener sind, wenn sie gleichzeitig gemeinsam mit anderen Demenz-Kranken essen und sprechen können.

M. F. Kelley: Social interaction among people with dementia. Journal of Gerontological Nursing 1997 (23, April-Heft) 16-20


Wir danken

für die Bereitstellung des Textes aus dem ZNS- bzw. DEMENZ-SPEKTRUM

 

Zurück zum Anfang des Dokuments