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Urlaub an der Ostsee

Ein Artikel in der Ostseezeitung von

EVA FLATAU

 

Liebe, Geduld und kleine Wunder

Alzheimer-Kranke und ihre Angehörigen machen Urlaub an der Ostsee

Im "Betreuten Urlaub" gewinnen Partner von Alzheimer-Kranken Abstand vom Alltag und neue Kraft. Zum zehnten Mal ist eine Gruppe aus Berlin zu Gast im Landhaus Tarnewitz.

Tarnewitz (OZ) "In guten wie in schlechten Zeiten. Das haben wir uns versprochen, als wir 1969 geheiratet haben." Jutta Eggenmüller (55) pflegt seit fünf Jahren ihren Mann (56). Angefangen hatte es damals mit Sprach- und Gleichgewichtsstörungen. Nach einer Odyssee durch Arztpraxen die Diagnose: Alzheimer. Therapie: leider keine.

Schon bald zogen sich die Freunde zurück. "Mein Mann war früher sehr gesellig. Nun sitzt er einfach da. Kann sich nicht beteiligen. Hat starre Augen und Probleme, den Speichel zu halten. Das wollten sich die ,Freunde' nicht antun." Jutta Eggenmüller kümmert sich von morgens bis abends. Eine Mahlzeit dauert anderthalb Stunden. Bei jedem Schritt muss sie helfen. "Man denkt oft, man schafft es nicht mehr." Neue Freunde, Mut und den Weg nach Boltenhagen fand die Berlinerin bei der Alzheimer Angehörigen Initiative.

Zum sechsten Mal macht Eggenmüller nun mit ihrem Mann und 15 anderen Paaren aus Berlin betreuten Urlaub im Landhaus Tarnewitz. Zehn Tage verbringt sie in der Unterkunft der Alzheimer Gesellschaft MV; rund 1000 Euro kostet sie das, Anfahrt und Betreuung inklusive.

Vormittags und nachmittags nimmt ihr Mann am "aktivierenden" Gruppenprogramm teil: Singen, Tanzen, Malen. Eggenmüller und die anderen Angehörigen haben Zeit für sich. "Es ist die Chance, ein Stück Normalität zu erleben, die zu Hause nicht mehr möglich ist", beschreibt Rosemarie Drenhaus-Wagner (57), Vorsitzende der Angehörigen-Initiative. "Die Angehörigen kommen raus aus der sozialen Isolation. Sie können sich entspannen. Sie haben die Sicherheit, dass jemand für ihren Partner da ist."

Zurzeit kümmern sich in der Einrichtung 20 Betreuer um 28 Alzheimer-Kranke. Manchmal würden Fähigkeiten wieder aufgeweckt, erzählt Drenhaus-Wagner: "Eine Frau hat es geschafft, wieder selbstständig zu essen. Ein Mann ist aus seinem Rollstuhl aufgestanden. Lauter kleine Wunder. Der Angehörige spürt, da ist noch was, und sieht den Partner mit anderen Augen."

Jutta Eggenmüller sagt, sie habe gelernt mit der Krankheit ihres Mannes umzugehen. "Man kann es nicht ändern. Entweder man wächst rein oder verbittert und geht ein." Solange sie könne, wolle sie ihren Mann pflegen, das sei der Sinn einer Ehe. "Wenn ich ihn abends ins Bett gebracht habe ohne Sturz und er mich gottergeben anschaut und dann einschläft, bin ich stolz und froh. Dass ich es wieder einmal geschafft habe."


EVA FLATAUE

Letzte Aktualisierung: Donnerstag, 4. April 2002
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